Änderung nach § 129 AO
Änderung nach § 129 AO
Die Frage eines Steuerberaters: können bestandskräftige Steuerbescheide nachträglich aufgrund neuer Tatsachen zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden? Ein Steuerpflichtiger hat hier vergessen Betriebsausgaben geltend zu machen (etwa die Kosten einer Berufshaftpflichtversicherung). Ist das eine offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO? Kann dies über eine Änderung nach § 129 AO nachträglich geltend gemacht werden, obwohl der Bescheid bestandskräftig ist? Was ist, wenn der Fehler etwa bei einem Stundungsantrag und der dortigen Belegvorlage zur Stundungsbedürftigkeit erstmals auffällt?
Bei den meisten selbstständigen Steuerpflichtigen ergehen die Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO. Hier kann natürlich eine Änderung beantragt werden. Vorliegend war aber die Veranlagung bestandskräftig, eben nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, also des § 164 AO.
In Betracht kommt hier natürlich auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Dies ist in einem anderen Beitrag ausführlich erörtert.
Fraglich ist hier ausschließlich, ob eine Änderung nach § 129 AO möglich ist.
Änderung nach § 129 AO
Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind jederzeit berichtigen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist bei berechtigtem Interesse des Beteiligten zu berichtigen.
Wie sich aus den im Gesetz als Beispielsfällen angeführten Schreib- oder Rechenfehlern ergibt, muss es sich bei den ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten um rein mechanische Versehen handeln, die nichts mit einem Überlegen oder Prüfen zu tun haben.
nicht unter die Änderungsmöglichkeiten nach § 129 AO fallen Rechtsanwendungsfehler des Finanzbeamten
Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-)Anwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts sind keine offenbare Unrichtigkeiten. Fehler beim Denken, Subsumieren und Schlussfolgern fallen also nicht unter § 129 AO. Ebenso begründen Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen bei der Findung einer Entscheidung keine offenbaren Unrichtigkeiten. Damit schließen solche Ermittlungsfehler die Anwendung des § 129 AO deshalb aus (z.B. BFH-Urteile vom 24.05.1977 IV R 44/74, BStBl II 1977, 853, und vom 18.04.1986 VI R 4/83, BStBl II 1986, 541, m.w.N.).
Denkbar wäre im Streitfall allenfalls, dass das Finanzamt eine offenbare Unrichtigkeit in der Steuererklärung mit Überschussrechnung des Steuerpflichtigen als eigene übernommen hat. Dies würde aber voraussetzen, dass die Unrichtigkeit für das Finanzamt ohne weiteres aus der Steuererklärung oder den Anlagen hierzu ersichtlich war (BFH, Urteil vom 24.07.1984 VIII R 304/81, BStBl II 1984, 785). Dies ist jedoch nicht der Fall, da sich die Tatsache des Aufwands im Streitjahr erst aus den Stundungsunterlagen ergab. Daher scheidet eine Berichtigung wegen einer offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO aus. Es liegt kein Erfassungsfehler des Finanzamts bei der Veranlagung vor.
Auch wenn später ein Betriebsprüfer oder Steuerfahnder den Fall noch einmal prüft und die damals in der Veranlagung getroffene Entscheidung für falsch hält, ergibt sich daraus keine offenbare Unrichtigkeit im Sinn des § 129 AO.
hier umgekehrter Fall des § 129 AO
Die hier geschilderte Fall ist also der umgedrehte Fall des §§ 129 AO: Hier hat nicht der Finanzbeamte geirrt beim Erlass des Bescheides, sondern der Steuerpflichtige bei der Erstellung seiner Gewinnermittlung bzw. seiner Erklärung. Der Steuerpflichtige hat sich hier also quasi vergriffen und einen Beleg nicht in seine Buchführung gelegt bzw. nicht in der Berechnung seiner Betriebsausgaben berücksichtigt. Hierfür gewährt § 129 AO keine Korrekturmöglichkeit. Nach dem Gesetzeswortlaut kann die Finanzbehörde nur Schreibfehler Rechenfehler und andere mechanische Unrichtigkeiten korrigieren, die ihr beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind.
Spiegelbildlicher Anwendungsbereich zu § 129 AO
Ein spiegelbildlicher Anwendungsbereich, wonach der Steuerpflichtige Schreibfehler oder Rechenfehlern oder andere mechanische Fehler, die ihm bei seiner Erklärung unterlaufen sind, berichtigen kann, gewährt § 129 AO nicht.
Analoge Anwendung des §§ 129 AO?
Eine analoge Anwendung des §§ 129 AO ist insoweit mangels Gesetzeslücke nicht möglich.
Der Steuerpflichtige muss Fehler, der in seiner Steuererklärung macht, nach § 153 AO berichtigen, wenn er hier zum Nachteil des Fiskus etwas nicht oder falsch erklärt hat. Unterlässt er dies, kann dies eine Strafbarkeit begründen, wenn er die Korrekturverpflichtung erkannt hat. Darüber hinaus gewähren die Selbstanzeigenormen nach § 371 AO und § 378 Abs. 3 AO Korrekturmöglichkeiten, wenn der Steuerpflichtige Besteuerungsgrundlagen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht oder falsch erklärt hat. Zum Ablaufschema einer Selbstanzeige gibt es hier auf der homepage einen weiteren Beitrag. Soweit hiermit den Einnahmen bei diesem Berichtigungsvorschriften auch Betriebsausgaben unmittelbar zusammenhängen, können diese natürlich berichtigt werden.
Korrektur der Bescheide über § 129 AO wegen vergessener Betriebsausgaben?
Aber speziell für die hier gestellte Frage, ob für die vergessenen Betriebsausgaben (neben § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO) diese über § 129 AO berichtigt werden könnten, funktioniert dies nicht.
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