Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien
Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien
Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien: Die Abschreibung von Herstellung oder Anschaffungskosten von Gebäuden kann nicht in dem Jahr der Anschaffung in voller Höhe steuerlich abgesetzt werden. Die Anschaffung- oder Herstellungskosten müssen über viele Jahre verteilt werden. Damit ist im Jahr des Abschlusses nur ein Bruchteil steuerlich anzuerkennen und über die folgenden Jahre anteilig diese Anschaffung- oder Herstellungskosten abzusetzen.
Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Betriebsvermögen: 33,3 Jahre
Die Abschreibungen bei Immobilien richtet sich nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 bei Gebäuden, die im Betriebsvermögen stehen und nicht zu Wohnzwecken dienen und der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt wurde, mit 3 % pro Jahr. Damit ist der Wert des Gebäudes über 33,33 Jahre abzuschreiben.
Die Restnutzungsdauer einer (Gewerbe-)Immobilie und damit die Abschreibung der Immobilie wird also hier vom Gesetz vermutet.
Neue Wohngebäude: 33,33 Jahre
Für alle anderen Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wurden, sind diese ebenfalls mit 3 % pro Jahr abzuschreiben. Dies sind also 33,3 Jahre. Auch hier wir die Restnutzungsdauer typisierend unterstellt und die Abschreibung bei Wohn-Immobilien daraus standardisiert abgeleitet.
Die Masse der Wohngebäude: 50 Jahre
Gebäude die zwischen dem 31.12.2024 und dem 1.1.2023 fertiggestellt wurden sind diese jährlich mit 2 % abzuschreiben. Damit werden diese Gebäude über 50 Jahre abgeschrieben.
Alte Gebäude: Abschreibung über 40 Jahre
Bei allen anderen Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt wurden, sind diese jährlich mit 2,5 % abzuschreiben. Damit werden diese Gebäude über 40 Jahre abgeschrieben.
Kürzere Abschreibung möglich
Nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG können in den Fällen, in denen die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als 50 Jahre (bei 2 %ige Abschreibung) bzw. 40 bzw. 33,33 Jahre beträgt, diese auch entsprechend schneller abgeschrieben werden. Sie können damit also im Einzelfall die Abschreibung der Immobilie über eine kürze Nutzungsdauer nachweisen.
Vorteile der kürzeren Restnutzungsdauer
Dies bedeutet letztendlich für die Steuerpflichtigen, die Gebäude mit einer kürzeren (Rest-)Nutzungsdauer haben, schneller und mehr Liquidität zu bekommen, da die Abschreibungen höher ist und folglich die Steuern geringer ausfallen. Mit dem Gutachten kann also die standardisierte, vermutete Nutzungsdauer aufgebrochen und die realen Verhältnisse für die Abschreibung der Immobilie zugrunde gelegt werden.
Die Masse macht’s
Der Finanzverwaltung geht zwar hier nichts verloren, dennoch ist ihr dies ein Dorn im Auge. Denn der Einzelfall mag für das Steueraufkommen unbeachtlich sein. Je mehr Steuerpflichtige aber auf diese Idee kommen, sich hier von Sachverständigen Gutachten über die Restnutzungsdauer über ihre angeschafften Immobilien geben zu lassen, umso kürzer kann abgeschrieben werden. Die Angst besteht beim BMF, dass durch zahlreiche Gutachten die typisierende Nutzungsdauer ausgehebelt wird und eine individuelle einzelfallbezogene Restnutzungsdauer zu erheblich höheren Abschreibungen und damit zu niedrigen Steuereinkünften führt. Vielleicht zeigen auch die vielen Gutachten, dass die typsierende im Gesetz willkürlich festgeschriebene Abschreibungszeiträume vom 50-40-33,33 Jahren nicht die Realität entspricht. Vielleicht zeigen die vielen Einzelfallgutachten, dass ggf. die Zeiträume reduziert und nach unten refomiert werden müssten um eine sachnähere richtigere Abschreibung bei Immobilien zu erreichen.
Optimalfall: Restnutzungsdauer: 1-2 Jahre
Ein Fall ist kein Fall. Zehn Fälle sind auch unerheblich. Der Finanzminister kann jedoch nicht schlafen vor dem Hintergrund, dass sich nun alle Steuerpflichtigen Immobilien kaufen und mit einer verkürzten Abschreibung massiv Steuern sparen. Die Katastrophe wäre schlicht, wenn sich alle Steuerpflichtigen nun Immobilien kaufen, die nur eine Restnutzungsdauer von ein oder zwei Jahren haben und damit die teuren Immobilieninvestitionen durch die entsprechend schneller Abschreibung dann zu steuerlichen Totalausfällen führen würden. Denn schließlich kann man dann die Abschreibung seinen sonstigen positiven Einkünften entgegen rechnen und kommt so nur zu einem reduzierten Gesamtbetrag der Einkünfte mithin, zu deutlich weniger zu versteuernden Einkünften, notfalls sogar seiner kompletten Steuerfreistellung der ansonsten hübschen und ansehnlichen Einkünfte.
Des einen Leid – des anderen Freud
Der Albtraum des Finanzministers: Niemand zahlt mehr Steuern, weil alle schneller abschreiben. Damit ist der Trick, dass Immobilienfinanzierungen über eine lange Zeit abgeschrieben werden müssen und damit sich steuerlich nur bedingt attraktiv auswirken durch die Möglichkeit, verkürzt abzuschreiben bei einer entsprechenden kürzeren Restnutzungsdauer ein Albtraum für die Finanzverwaltung. Dieses schöne Modell, dass man größere Anschaffungen nicht sofort abschreiben darf, sondern über lange Zeiträume aktivieren und dann verteilt abschreiben muss, führt letztendlich zu einer Streckung der entsprechenden Betriebsausgaben bzw. hier bei den Immobilien zu einer Streckung der Werbungskosten. Die Gutachten über eine kürzere Restnutzungsdauer führt zu einer schnelleren Abschreibung bei Immobilien.
Wehret den Anfängen
Da nicht die gesamte Abschreibung sofort möglich ist, bleibt wenigstens immer noch ein Rest an positiven Einkünften zu versteuern. Dies wird mit solchen Gutachten über verkürzte Restnutzungsdauer konterkariert. Wehret den Anfängen, hallt es förmlich in den Hallen des BMF.
BMF-Schreiben vom 22.03.23
Daraus geboren ist das BMF-Schreiben vom 22.3.2022, dass die Flut solcher Gutachten einzudämmen versucht. Gekünstelt und ohne Rechtsgrundlage schränkt das BMF die Zulässigkeit solcher Gutachten ein, indem es eben nicht jedes Gutachten akzeptieren möchte, sondern den Gutachtern eine ganz besondere Qualifizierung abverlangt. So heißt es in dem BMF Schreiben vom 22.3.2023 wörtlich in Rn. 22:
„Der Nachweis einer kürzeren tatsächliche Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.“
Einschränkung durch Zulassungsschranke der Gutachter
In diesem BMF-Schreiben versucht die Finanzverwaltung zur Einschränkung solcher Gutachten über die Restnutzungsdauer von Gebäuden höhere Anforderungen zu stellen, die nach dem Gesetz nicht vorgesehen sind.
Keine Grundlage für Ansicht des BMF im Gesetz
Entsprechend folgt der BFH auch diesem Kniff der Finanzverwaltung nicht, den Anträgen einiger Steuerpflichtigen durch gekünstelte, nicht im Gesetz sich wiederfindende Anforderungen an Vorbildung oder Qualifikation bestimmter Gutachter zu fordern und damit viele Gutachter auszuschließen.
§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kennt solche Schranke nicht, die das BMF erfand
Eine solche Einschränkung lässt sich jedenfalls aus §§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG nicht entnehmen der Gestalt, dass lediglich öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder aber von einer Akkreditierungsstelle zertifizierte Gutachter ausschließlich solche Gutachten erstellen dürften.
BMF-Schreiben ist kein Gesetz
Der Finanzverwaltung ist insoweit entgegenzuhalten, dass ein BMF-Schreiben kein Gesetz ist. Es ist erstaunlich, dass das BMF über eigene Schreiben wesentliche Sachverhalte zu regeln versucht. Dabei verkennt das BMF den Gewaltenteilungsgrundsatz. Das BMF gehört zur Verwaltung, also zu Exekutive. Sie ist an Recht und Gesetz und natürlich an den Gewaltenteilungsgrundsatz gebunden. Art. 20 Abs. 3 GG sieht den Gewaltenteilungsgrundsatz vor, den offenbar das BMF nicht oder nicht richtig versteht. Das BMF oder deren Mitarbeiter dürfen natürlich Aufsätze und Bücherschreiben. Sie dürfen ihre Meinung sagen. Aber sie können keine BMF-Schreiben veröffentlichen und eine Anerkennung dieser gleich einer Gesetzesnorm beanspruchen. Diese BMF-Schreiben haben keine Gesetzeskraft. BMF-Schreiben sind kein Gesetz und können keine gesetzesgleiche Wirkungen für sich beanspruchen.
Gewaltenteilungsgrundsatz und Parlamentsvorbehalt
Immer wieder versucht das BMF nicht nur hier durch BMF-Schreiben wesentliche Punkte durch ebensolche BMF-Schreiben zu regeln. Dabei verkennt das BMF ganz grundlegend, dass es einen Parlamentsvorbehalt gibt. Danach muss allein das Parlament alles Wesentliche selbst – durch Gesetz – regeln. So müsste der Gesetzgeber beispielsweise auch die Einschränkungen berufsrechtlicher Art hinsichtlich Gutachter für Restnutzungsdauergutachten regeln. Ob es hierfür Mehrheiten gibt, ist eine politische Frage. Ob und welche Regelungen verfassungskonform wären, würde u.a. an Art 12 GG, der Berufsausübungsfreiheit zu messen sein.
Berufsausübungsfreiheit der Gutachter nach Art 12 I GG
Immerhin streitet auch Art. 12 Abs. 1 GG für die Freiheit der Berufsausübung. Daher müssten berufsrechtliche Einschränkungen durch ein Gesetz geregelt werden. Dieses muss sich an Art 12 I GG messen lassen. Losgelöst von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG meint jedoch das BMF derart wesentliche Fragen erstaunlicherweise durch BMF-Schreiben regeln zu können.
Auch schon bei der Kassenrichtlinie vom 26.11.10 glaubte das BMF legislativ tätig werden zu dürfen
Das hat beispielsweise auch das BMF mit der 2. Kassenrichtlinie vom 26.11.10 schon geglaubt regeln zu können. Das BMF hat auch dort erlebt, dass eben Verwaltung doch etwas anderes ist als Legislative. Für gewöhnlich trennen wir Judikative, Exekutive und Legislative. Das verlangt Art 20 III GG. Das BMF gehört zur Exekutive und ist kein Gesetzgebungsorgan. Die Kompetenz zur Regelung, wer solche Gutachten erstellen darf, steht dem BMF nicht zu.
BFH, Urteil vom 23.01.24, IX R 14/23
Auch wenn der BFH diese verfassungsrechtliche Diskussion so nicht führt, beschreibt er gleichwohl sehr beeindruckend und deutlich in seiner Entscheidung vom 23.1.2024 genau bezugnehmend auf diese Passage des BMF in dem Schreiben vom 22.3.2023, dass solche Einschränkungen, die das BMF vornehmen möchte, nicht gesetzeskonform sind und von der Rechtsprechung und Literatur auch nicht geteilt werden.
So hat der BFH in seinem Urteil vom 23.1.2024 in Rn. 22-26 sich hierzu wie folgt grundlegend geäußert:
Jede sachverständige Methode
- Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass sich der Steuerpflichtige zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer jeder sachverständigen Methode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die gewählte Methode muss über die maßgeblichen Determinanten der Nutzungsdauer ‑‑zum Beispiel technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen‑‑ Aufschluss geben. Gerade wegen des Umstands, dass für die Richtigkeit der zu schätzenden Nutzungsdauer nur eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit sprechen muss, würde die Feststellungslast des Steuerpflichtigen überspannt, wenn der Schätzung eine bestimmte Gutachtenmethodik (zum Beispiel Bausubstanzgutachten) oder ein bestimmtes Ermittlungsverfahren zwingend zugrunde liegen müsste. Demzufolge hat der Senat ausdrücklich anerkannt, dass auch eine Gutachtenmethode, durch die die Restnutzungsdauer eines Gebäudes modellhaft wirtschaftlich bestimmt wird, als Nachweis für die Inanspruchnahme des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG genügen kann (Senatsurteil vom 28.07.2021 – IX R 25/19, Rz 19 ff.).
Einheit in Literatur und Rechtsprechung
- dd) An diesen Rechtsgrundsätzen, die in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum geteilt werden (vgl. etwa FG Köln, Urteil vom 23.03.2022 – 6 K 923/20, Rz 18 f.; FG Münster, Urteile vom 27.01.2022 – 1 K 1741/18 E, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2022, 580, Rz 33 ff. sowie vom 14.02.2023 – 1 K 3840/19 F, EFG 2023, 528, Rz 32 ff.; Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 521 f.; Schmidt/Kulosa, EStG, 42. Aufl., § 7 Rz 208; Pfirrmann in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 7 Rz 89; Geiling/Jacoby, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2022, 1080; Geurts, Betriebs-Berater 2023, 882; Grotherr, Finanz-Rundschau 2022, 965, 968 f.; Lücke, Neue Wirtschafts-Briefe ‑‑NWB‑‑ 2023, 1236, 1241 f.), hält der Senat fest.
Absage an die Einschränkungen des BMF-Schreibens vom 22.02.23 durch BFH
aaa) Die weitergehenden Anforderungen und Einschränkungen, die die Finanzverwaltung in Rz 23 f. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.02.2023 (BStBl I 2023, 332) für den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer durch Sachverständigengutachten aufstellt, lassen sich dem Gesetz jedenfalls nicht in Gänze entnehmen.
Weder § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG noch § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV geben vor, auf welche Weise und anhand welcher Gutachtenmethode der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, zu schätzen ist. Bereits aus diesem Grund ist die Anweisung des BMF in Rz 24 seines Schreibens, die „bloße Übernahme“ einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten reiche als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer nicht aus, nicht tragfähig. Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2010 (inzwischen § 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021 ‑‑ImmoWertV 2021‑‑, BGBl I 2021 2805) ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode (Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 522; Graw, juris PraxisReport Steuerrecht 5/2022, Anm. 3), die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann.
bbb) Zudem ist der Einwand, die nach den Vorgaben der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung im Rahmen einer Verkehrswertermittlung ermittelte Gesamtnutzungs- und Restnutzungsdauer eines Gebäudes führten für Zwecke des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu „sachgerechten Ergebnissen“ (BMF-Schreiben vom 22.02.2023, BStBl I 2023, 332, Rz 24), unbelegt. Er berücksichtigt insbesondere nicht, dass trotz einer im Kern modellhaften ‑‑sachverständigen‑‑ Berechnung der Nutzungsdauer die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls einbezogen werden (Blum/Weiss, Die Steuerliche Betriebsprüfung 2020, 3, 7). So regelt § 6 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 ImmoWertV 2010, dass durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten ‑‑mithin individuelle Gegebenheiten‑‑ die Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen können.
Anlage 4 SW-RL (inzwischen Anlage 2 zu § 12 Abs. 5 Satz 1 ImmoWertV 2021) bestimmt über ein Punkteraster-Verfahren, in welchem Umfang die jeweiligen Modernisierungselemente die Restnutzungsdauer abhängig von der Gesamtnutzungsdauer modifizieren. Es handelt sich um eine typisierende Vorgehensweise (Grotherr, Steuern und Bilanzen 2023, 457, 460), die einer steuerrechtlichen Schätzung nicht fremd ist.
ImmWertV
ccc) Ein auf die Vorgaben der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung gestütztes Sachverständigengutachten ist auch geeignet, Aufschluss über die für die tatsächliche Nutzungsdauer maßgeblichen Determinanten zu geben (ebenso Lücke, NWB 2023, 1236, 1241). § 6 Abs. 6 Satz 1 ImmoWertV 2010 (= § 4 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV 2021) ordnet eine wirtschaftliche Bestimmung der Restnutzungsdauer an, stellt somit nicht auf den technischen Verschleiß eines Gebäudes ab. Es wäre indes verfehlt zu fordern, dass sich ein Sachverständigengutachten zu sämtlichen für die Restnutzungsdauer maßgeblichen Determinanten verhalten müsste.
Begründet der Steuerpflichtige die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer mit einer wirtschaftlichen Abnutzung oder einer auf rechtlichen Gegebenheiten beruhenden früheren Entwertung, bedarf es keiner sachverständigen Feststellungen zum technischen Verschleiß des Gebäudes, da die kürzere wirtschaftliche oder rechtliche Nutzungsdauer entweder nur bedingt oder zumeist gar nicht vom technischen Gebäudezustand abhängig ist (Korn/Strahl, NWB 2023, 3412, 3434 f.).“
Quelle: BFH Urteil vom 23. Januar 2024, IX R 14/23, Rn 22 – 26
Praxis der Finanzverwaltung: Gutachten erst mal unter Hinweis auf BMF ablehnen – vielleicht gibt ja ein Steuerpflichtiger auf
Gleichwohl versucht die Finanzverwaltung allen Gutachten, die nicht von einer Akkreditierungsstelle zertifizierten Gutachtern oder vereidigten und gerichtlich bestellten Gutachter stammen, einen Riegel vorzuschieben und diese als untauglich darzustellen und eine kürzere Restnutzungsdauer als die typisierende Betrachtungsweise (50-40-33,33 Jahre) nicht anzuerkennen.
Weitere Abwehrpraxis: Einschaltung finanzamtseigener hausinterner Bausachverständiger (BSV) – vielleicht gibt ja ein Steuerpflichtiger auf
Zudem kann der normale Veranlagungssachbearbeiter ohnehin nichts zu diesem Gutachten qualitativ beitragen. Er wird daher ohnehin die Bausachverständigen in der Finanzverwaltung stets hinzuziehen. Diese sucht dann nach Fehlern, Unschlüssigkeiten oder zweifelhaften Passagen in den von den Steuerpflichtigen vorgelegten Sachverständigengutachten. Die Bausachverständige versucht dann diese Gutachten zu entkräften. Diese Gutachten werden dann in einer Art Gegengutachten durch die Bausachverständige in Frage gestellt. Ziel ist es natürlich den Weg des Nachweises einer kürzeren Restnutzungsdauer zu verhindern. Die Abschreibung bei Immobilien soll aus Sicht der behördlichen Bausachverständigen bei den Standardsätzen über 50 bzw. 40 bzw. 33,33 Jahren bleiben. Die behördlichen Bausachverständigen sind nicht neutral. Sie sind beim Finanzamt angestellt und verfolgen die Interessen ihres Arbeitgebers.
Betriebsprüfungen und Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien
Bei größeren Immobilienvermögen ist es auch möglich, dass die Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien einziges Thema ist. Und wenn mehrere Restntzungsdauergutachten eingereicht wurden, können diese Gutachten auch in Form einer Betriebsprüfung geprüft werden.
Umgekehrt ist es möglich, wenn es in einer Prüfung zu Feststellungen kommen könnte, als eine Art Abwehr Gutachten über die Restnutzungsdauer von Bestandsimmobilien einzuholen und einzureichen. Das kann zu einer höheren Abschreibung und damit zu einer gewissen Kompensation von etwaigen Mehrergebnissen führen. Das Finanzamt muss jedenfalls zugunsten wie zu Lasten des Steuerpflichtigen prüfen, §§ 88 I, 199 I AO.
RA Dr. Jörg Burkhard
Restnutzungsdauer – Abschreibung bei Immobilien, Fragen hierzu? Sprechen Sie mich gerne an: Rechtsanwalt Dr. Jörg Burkhard, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, der Spezialist für streitige Steuerrecht, kritische Betriebsprüfungen, Schätzung, Steuerfahndung, Steuerstrafverfahren, Kasse, Kassennachschau und allen anderen schwierigen steuerrechtlichen Situation: Frankfurt, Wiesbaden, Taunusstein, 069-87005100 oder 0611- 890910 oder 06128- 60502000