missing trader und innergemeinschaftliche Lieferung
Missing Trader und innergemeinschaftliche Lieferung
Missing Trader und innergemeinschaftliche Lieferung sind in mancher BP Worte für den Unternehmer, die Ärger, teure Verteidigungskosten und vielleicht auch den Ruin bedeuten. Das muss so nicht sein. Mit einer guten steuerlichen Abwehr und einer guten steuerstrafrechtlichen Verteidigung können so manche Verwerfungsgelüste der BP und der Fahndungsprüfung zurückgedrängt werden. Die nachfolgenden Ausführungen zur Rechtsprechung sollen hier mögliche Wege aufzeigen:
Missing Trader sind Unternehmen, die die von Ihnen geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Häufig tauchen diese Unternehmen nach ihrer Entdeckung bzw. nach Entdeckung des Karussells ab. Gibt die Auskunft der ausländischen Steuerbehörde, dass es sich beim Abnehmer um (angeblich) einen Missing Trader handelt, genügt das nicht, um die Steuerbefreiung zu versagen (BFH, Urteil vom 7.12.2006, V R 52 / 03, UR 2007, 220; BFH, Beschluss vom 5.12.2005, V B 44 / 04, BFH/NV 2006, 625; BFH, Beschluss vom 5. Februar 2004, V B 180 / 03, BFH/NV 2004, 988; FG Münster, Beschluss vom 5. Februar 2004,15 V 5805 / 03 U, UStB 2004, 345; Büchter-Hole, Anmerkungen in EFG 2005,822; Winter UR 2005,247.
Heute fehlende Firma bedeutet nicht damals auch nicht existent
Nicht jede Firma, die ein paar Jahre später bei der nächsten Prüfung nicht mehr existiert ist gleich ein Missing Trader.
Korrespondierende Erwerbsbesteuerung
Voraussetzung für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ist, dass der Erwerb beim Abnehmer im anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Ob er allerdings tatsächlich der Erwerbsbesteuerung von dort unterworfen wird, ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung der Umsatzsteuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung. Von der Erfüllung dieser Voraussetzung kann ausgegangen werden, wenn der Abnehmer seine ausländische Umsatzsteuer-ID-Nummer angibt.
Umsatzsteuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung, auch wenn der Erwerber steuerunehrlich ist
Anders formuliert: Wenn der Erwerber im Mitgliedstaat nicht steuerehrlich ist und den Umsatz nicht korrekt anzeigt, obwohl er dies müsste, hindert dies die umsatzsteuerfreie Lieferungen nicht. Noch einmal anders formuliert: Ist der Erwerber Steuer unehrlich, muss dennoch die Umsatzsteuerfreiheit in Deutschland geliefert werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Erwerbsbesteuerung ist also nicht davon abhängig, dass der Erwerber die Erwerbsbesteuerung tatsächlich auch durchgeführt (BFH, Urteil vom 7.12.2006, V R 52 / 03, UR 2007, 220.
Neufahrzeuge
Bei neuen Fahrzeugen ist die Verwendung der ausländische Umsatzsteuer-ID-Nummer nicht Voraussetzung. Der Erwerber muss immer eine innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern (Art. 2 Abs. 1b ii Mehrwertsteuersystemrichtlinie).
3 Voraussetzungen
Der Unternehmer muss immer nachweisen, dass die drei objektiven Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen, § 6a Abs. 3 UStG. Diese sind:
- Kaufvertrag mit Erwerber in einem anderen europäischen Mitgliedstaat
- Liefergegenstand muss nachweisbar in Mitgliedstaat an den Geschäftssitz des Erwerbers geliefert/gefahren werden
- Erwerber muss ein Unternehmer sein (B2B) und der Kauf in dem anderen europäischen Mitgliedstaat somit der Erwerbsbesteuerung durch den Erwerber unterliegen
Versendung/Beförderung in anderen Mitgliedstaat
Der Liefergegenstand wird vom Lieferer bzw. Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Die vom Unternehmer beizubringenden Nachweise ergeben sich im nationalen Recht auf der Grundlage von § 6a Abs. 3 UStG nach §§ 17a ff. UStDV. Erforderlich ist danach ein Beleg- und ein Buchnachweis.
Beweiserhebung zur Lieferung an Erwerber
Beweiserhebung zur Lieferung in anderen europäischen Mitgliedstaat überspielt bzw. ersetzt fehlende Belegnachweise. Steht aufgrund einer Beweiserhebung fest, dass die gelieferten Fahrzeuge zum Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet versendet wurden, kann dies nicht durch die Annahme eines fehlenden Belegnachweises in Abrede gestellt werden (vergleiche BFH, Urteil vom 26.9.2019 – V R 38 / 18-, RN 17)
fehlende Belegnachweise unerheblich, wenn die Lieferung an den Bestimmungsort des Erwerbers nachgewiesen oder unstreitig ist
Trotz Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten kommt die Steuerfreiheit ausnahmsweise dann infrage, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass der gelieferte Gegenstand (zB der gelieferte Pkw) zum Bestimmungsort beim Empfänger im Übrigen Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, vergleiche BFH, Urteil von 26.09.2019 VR 38 / 18.
Missbrauchsverhütung
Die unionsrechtliche Grundlage hierfür ergibt sich aus Art. 131 MwStSystRL. Danach wird die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung nur „unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiung[en] sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen“.
Korrespondierende Erwerbsbesteuerung und (angebliche) Briefkastenfirma
Der Abnehmer muss ein in § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG genannte Erwerber sein
und der Kauf unterliegt in einem anderen Mitgliedstaat korrespondierend der Erwerbsbesteuerung. Der sich aus der USt-IdNr. der Firma N ergebende Nachweis der Unternehmereigenschaft des Abnehmers kann nicht durch die bloße Annahme einer Briefkastenanschrift widerlegt werden (vergleiche BFH, Urteil vom 26.9.2019 – V R 38 / 18-, RN 20)
vollständige Anschrift auf Rechnungen
Zum Erfordernis, in Rechnungen „den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers“ anzugeben (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG), hat der BFH nach Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ (Urteil Geissel und Butin vom 15.11.2017 – C-374/16 und C-375/16, EU:C:2017:867) entschieden, dass eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung nicht voraussetzt, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Weiter hat der BFH entschieden, dass jede Art von Anschrift ausreicht und sogar auch eine Briefkastenanschrift ausreicht, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist (BFH-Urteil vom 21.06.2018 – V R 25/15, BFHE 262, 248, BStBl II 2018, 809, Leitsätze 1 und 2; BFH, Urteil vom 26.9.2019 – V R 38 / 18-, RN 24).
Briefkastenanschrift
Dabei folgt aus der Rechtsprechung zur Anerkennung von Briefkastenanschriften als Rechnungsangabe auch, dass die Angabe einer bloßen Briefkastenanschrift mit postalischer Erreichbarkeit für sich allein nicht zur Annahme einer fehlenden Unternehmereigenschaft berechtigt (BFH-Urteil vom 21.06.2018 – V R 28/16, BFHE 262, 253, BStBl II 2018, 806, Rz 31; BFH, Urteil vom 26.9.2019 – V R 38 / 18-, RN 25).
Beweisvorsorge
Die Beweisvorsorge bei Geschäften mit deutschen Firmen kann schon schwierig genug sein. Lassen Sie heute nicht dokumentieren und an Belegen erhalten, ist später schwierig nach zu erhalten im Falle einer Betriebsprüfung, wenn die Leistungen oder gar die Existenz dieser anderen Firma bestritten wird. Noch viel schwieriger ist das, bei Geschäftskontakten mit Firmen im Ausland und erst recht, wenn mehrere Jahre seit der letzten Geschäftsbeziehung verstrichen sind. Ich kann daher nur zu einer möglichst perfekten und sorgfältigen Beweisvorsorge unter jedem Gesichtspunkt raten.
Der Spezialist im streitigen Steuerrecht: Rechtsanwalt Dr. Jörg Burkhard
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