Fehlende Schlussbesprechung bewirkt Verwertungsverbot
Fehlende Schlussbesprechung bewirkt Verwertungsverbot
von Rechtsanwalt Dr. jur. Jörg BurkhardFachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, Frankfurt am Main
1. Einleitung
Nach einer Betriebsprüfung hat grundsätzlich immer eine Schlussbesprechung stattzufinden, es sei denn, dass sich nach der Prüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergäbe, §201 I 1, 2. HS, 1. Alt AO. Bei der Schlussbesprechung sind die Sachverhalte der Prüfungsfeststellungen, deren steuerliche Beurteilungen und deren betragsmäßige Auswirkungen zu besprechen1. Auf die Abhaltung der Schlussbesprechung kann der Steuerpflichtige, nicht hingegen das Finanzamt, verzichten, § 201 I 1, 2. HS, 2. Alt AO2.
Bei der abgekürzten BP braucht keine Schlussbesprechung zu erfolgen, § 203 II 3 AO.
Unterlässt das FA eine Schlussbesprechung und liegen die beiden Ausnahmetatbestände des §201 I 1 AO nicht vor, so liegt darin ein Verfahrensfehler.
Fraglich ist, welche Konsequenzen dieser Verfahrensfehler nach sich zieht. Insbesondere, ob und ggf. bis wann bzw. wie der durch die nicht durchgeführte Schlussbesprechung eingetretene Verfahrensfehler geheilt werden kann.
Der Umstand, dass keine Schlussbesprechung stattgefunden hat, soll nach Auffassung der Rechtsprechung die auf dem Schlussbericht basierenden Änderungsbescheide weder nichtig noch rechtswidrig machen. Denn, so die Argumentation der Rechtsprechung, § 201 AO sei eine „reine Verfahrensvorschrift“, eine „Formvorschrift“.
Warum allerdings die Nichtgewährung der Schlussbesprechung gemäß § 201 I 1 AO sanktionslos bleiben soll, ist nicht nachvollziehbar.
Welchen Sinn würde ansonsten § 201 I 1 AO machen?
- Denn nach § 201 Abs. 1 S. 1 AO ist über das Ergebnis der Außenprüfung eine Besprechung abzuhalten (Schlussbesprechung).
- Hierbei hat die Finanzbehörde kein Ermessen, sondern sie ist gem. § 201 Abs. 1 S. 1 AO hierzu verpflichtet.
- Unverständlich ist daher die Auffassung des BFH, wonach das Unterlassen der Schlussbesprechung sanktionslos erfolgen könne und damit die auf dem Schlussbericht basierenden Änderungsbescheide nicht allein dadurch rechtswidrig oder nichtig werden.
Seit wann können zwingende Vorschriften beliebig missachtet werden?
Der BFH hat mit Urteil vom 24. Mai 19896 entschieden, dass das Unterlassen einer Schlussbesprechung „nicht ohne weiteres“ zur Fehlerhaftigkeit der aufgrund der Außenprüfung erlassenen Steuerbescheide führt. In keinem Fall, so die Entscheidung des BFH, hänge die Verwertung der in der Betriebsprüfung ermittelten Tatsachen vom Abhalten einer Schlussbesprechung ab.
Dennoch kommt man nicht umhin, festzustellen, dass jeder Steuerpflichtige unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 1 S. 1 AO einen Anspruch auf Durchführung der Schlussbesprechung hat. Die Verletzung dieses subjektiven Anspruchs ist rechtswidrig.
Die BFH-Entscheidungen vom 24.05.1989 und vom 15.12.1997 sagen dies zwar nicht ausdrücklich, jedoch ergibt sich dies aus dem Umkehrschluss inzident, da danach die rechtswidrig unterlassene Schlussbesprechung lediglich „nicht ohne weiteres“ zur Fehlerhaftigkeit der Steuerbescheide führen soll.
Auch dass die Verwertung der in der Betriebsprüfung ermittelten Tatsachen nicht vom Halten einer Schlussbesprechung abhänge, geht dogmatisch nicht sauber auf das eigentliche Problem ein. Ausgehend davon, dass ein subjektives Recht, nämlich ein Anspruch auf Abhaltung einer Schlussbesprechung grundsätzlich besteht (wenn nicht ausnahmsweise sich aufgrund der BP keine Änderungen ergeben), kann allein der Steuerpflichtige auf die Durchführung der Schlussbesprechung verzichten.
Selbst wenn man die zwingende Vorschrift des § 201 Abs. 1 S. 1 AO als „bloße Formvorschrift“ abtun wollte, gibt es ein bestehendes formelles und materielles Recht. Losgelöst davon, dass der Gesetzgeber nicht die Klassifizierung „bloße Formvorschriften“ und „ernst zu nehmende materiellrechtliche Vorschriften“ vorgenommen hat, hat der Gesetzgeber auch nicht die Zweiteilung in zu beachtende und in beliebig zu verletzende Normen vorgesehen.
Darüber hinaus hat der Steuerpflichtige einen Anspruch11 auf die Durchführung der Schlussbesprechung, wenn nicht gerade der Ausnahmefall vorliegt, dass das Ergebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergibt. Auf diesen Anspruch kann ausschließlich der Steuerpflichtige nach § 201 Abs. 1 S. 1 AO verzichten – nicht hingegen die Finanzverwaltung. Unverständlich ist daher, wie ein subjektives Recht, nämlich ein Einspruch des Steuerpflichtigen „eine bloße Formvorschrift“ sein soll, die beliebig und sanktionslos missachtet werden können soll.
- Dürfen denn andere subjektive Rechte wie etwa das Wahlrecht oder das Recht am Eigentum ebenfalls beliebig missachtet werden?
- Sind Besitz und Eigentumsverhältnisse in diesem Sinne nicht auch „bloße Ordnungsvorschriften“, die einem sinnvollen und gedeihlichen Miteinander in unserem Rechtssystem dienen?
Das Abqualifizieren einzelner Normen als „bloße Formvorschriften“ und die damit verbundene inzidente Herabwürdigung als bloß minderwertiges, jederzeit sanktionslos übertretbares Recht findet keinen Anhaltspunkt im Gesetz. Es widerspricht auch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, dass sich die Rechtsprechung aufschwingt, die ordnungsgemäß erlassenen Gesetze der Legislative in minderwertiges, jederzeit beliebig verletzbares Recht und in wirklich geltendes Recht zu zerteilen. Eine solche Normgebungskompetenz liegt gerade nicht im Bereich der Judikative, sondern ausschließlich im Bereich der Legislative, so dass die Klassifizierung in „bloße Formvorschriften“, die unbeachtlich sind und wirklich geltendes Recht, das beachtet werden muss, von Verfassungs wegen nicht der Judikative zusteht.
In § 149 Abs. 1 S. 2 AO heißt es, dass zur Abgabe einer Steuererklärung auch der verpflichtet ist, der hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird.
Kein Mensch kommt in diesem Zusammenhang auf die Idee, diese „Ist“- Formulierung ebenfalls als bloße Formvorschrift anzusehen, deren Missachtung beliebig erfolgen könne, ohne dass dies sanktionslos bleibt.
Warum also beispielsweise die Norm des § 149 Abs. 1 S. 2 AO, die hier willkürlich aus der Masse der zwingenden Normen herausgepickt wurde, Beachtung beanspruchen, während die strukturell gleichlautende Formulierung in § 201 Abs. 1 S. 1 AO beliebig und sanktionslos verletzt werden können soll, kann auch nicht ansatzweise dogmatisch überzeugen.
Somit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die BFH-Rechtsprechung hinsichtlich der angeblich sanktionslos möglichen Verletzung des § 201 Abs. 1 AO mit dem Gesetz nicht vereinbar ist. Auch der BFH – wenn es ihm auch immer wieder schwer fällt – ist als oberste Finanzbehörde an Recht und Gesetz gebunden.
- Nachdem also festgestellt ist, dass die fehlerhaft unterlassene Schlussbesprechung rechtswidrig ist, stellt sich die Frage, ob dann das ganze Betriebsprüfungsverfahren rechtswidrig ist?
- Und die in der Betriebsprüfung gefundenen Ergebnisse möglicherweise nicht verwertet werden können?
- Oder ob und bis wann die Schlussbesprechung nachgeholt werden kann und ob damit der Verfahrensfehler geheilt ist?
Teilweise wird hier darauf verwiesen, dass die Schlussbesprechung der Gewährung rechtlichen Gehörs diene und natürlich mit der Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs dieser Verfahrensfehler auch noch später, d.h. also auch noch im Einspruchsverfahren nach Erlass der Änderungsbescheide aufgrund der Auswertungen des BP-Berichtes möglich sein soll. Begründet wird dies mit dem Hinweis auf § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO.
Der BFH meint zudem, dass es schließlich nicht fraglich sein könne und es somit keiner höchstrichterlichen Entscheidung bedürfe, dass eine vor dem Finanzgericht durchgeführte mündliche Verhandlung einer Schlussbesprechung verfahrensrechtlich mindestens gleichwertig sei.
Dies erscheint indes höchst zweifelhaft. Denn damit müsste die Verhandlung vor dem Finanzgericht dieselbe Ziel- und Zweckrichtung haben, wie eine Schlussbesprechung.
Dass dies nicht der Fall ist, wird evident deutlich, wenn man sich die einzelnen Funktionen der Schlussbesprechung betrachtet. Allein die Befriedungs- und Streitvermeidungsfunktion nimmt das Finanzgericht in der mündlichen Verhandlung nicht wahr, da das Finanzgericht zwar im Finanzrechtsstreit entscheidet, jedoch gerade nicht die Streitvermeidung intendiert, auch gar nicht intendieren kann, sondern den bis dahin durchgeführten Finanzrechtsstreit entscheidet.
Würde man empirisch die Zahl der Abschlüsse von tatsächlichen Verständigungen in Schlussbesprechungen mit denen der tatsächlichen Verständigung in mündlichen Verhandlungen vergleichen und würde man darüber hinaus empirisch die Änderungen der vorläufigen Betriebsprüfungsberichte aufgrund der Schlussbesprechung mit den Änderungen der Besteuerungsgrundlagen aufgrund mündlicher Verhandlungen vor den Finanzgerichten vergleichen, so würde sich ein erdrückendes Ergebnis dahingehend herausstellen, dass sich relativ wenige tatsächliche Verständigungen oder relativ wenige Änderungen zu Gunsten des Steuerpflichtigen aufgrund mündlicher Hauptverhandlungen ergeben, während die weitaus höhere Zahl an Änderungen zu Gunsten des Steuerpflichtigen in Schlussbesprechungen erfolgt.
Soweit also der BFH die Schlussbesprechung auf die Gewährung rechtlichen Gehörs reduziert, wäre ihm beizupflichten, dass das rechtliche Gehör auch noch im Einspruchsverfahren oder im Klageverfahren dem Steuerpflichtigen gewährt werden kann. Genau dies ist jedoch die entscheidende Problematik: Die Schlussbesprechung ist nicht lediglich die Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern sie hat viele darüber hinausgehende Funktionen, die auch mit der Gewährung rechtlichen Gehörs verbunden sind, jedoch qualitativ weitgehender und tiefgreifender sind und daher niemals im Einspruchsverfahren oder im Klageverfahren ersetzt oder nachgeholt werden können.
2. Gegenstand der Schlussbesprechung
Die Schlussbesprechung hat zunächst unbestritten die Funktion, rechtliches Gehörs zu gewähren, Art. 103 I GG.
Darüber hinaus hat sie aber auch eine ganze Reihe weiterer Aufgaben. Zutreffend führt Rüsken aus, dass Inhalt und Zweck der Schlussbesprechung einerseits die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu den Prüfungsfeststellungen ist, der Steuerpflichtige jedoch bereits nach § 199 Abs. 2 AO bereits während der Prüfung laufend über die Prüfungsfeststellungen zu informieren ist und er schon zu diesem Zeitpunkt die Gelegenheit hat, hierzu stetig Stellung zu nehmen.
Zutreffend weist Rüsken auch darauf hin, dass erst durch die Schlussbesprechung der Steuerpflichtige die Gelegenheit erhält, zu den Feststellungen im Zusammenhang umfassend Stellung zu nehmen und sie mit dem Prüfer zu erörtern.
Rüsken weist ebenso weiter darauf hin, dass der eigentliche Zweck der Schlussbesprechung aber weniger in der Gehörgewährung liegt, als in dem Versuch einer einvernehmlichen Beurteilung des Prüfungsstoffes und im weiteren Ziel, Rechtsbehelfe gegen die nachfolgenden Steuerbescheide zu vermeiden.
Gerade aber weil Rüsken dies zutreffend erkannt hat, ist es um so erstaunlicher, wenn er in der Kommentierung drei Randnummern später der völlig sachfremden und praxisfernen BFH-Linie folgt, dass eine rechtswidrigerweise unterlassene Schlussbesprechung zwar einen Verfahrensfehler darstelle, der jedoch nicht zu einer Rechtswidrigkeit im weiteren Verfahren und erst Recht nicht zu einer Rechtswidrigkeit der auf dem BP-Bericht beruhenden Steuerbescheide führt.
Warum die Besonderheiten der Schlussbesprechung, die Gewährung rechtlichen Gehörs einerseits, aber auch das Einigungsziel bzw. der Einigungsdruck und das Einsehen aller Beteiligten hinsichtlich einer Zweckmäßigkeit der Einigung allgemein anerkannt sind, dann aber die Schlussbesprechung so wenig Gewicht haben soll, dass die Verletzung dieses Rechts des Steuerpflichtigen trotz Muss- Vorschrift in § 201 Abs. 1 S. 1 AO steuerrechtlich völlig unerheblich sein soll, ist nicht verständlich.
In der Schlussbesprechung erläutert der Betriebsprüfer seine Prüfungsfeststellungen.
Neben den dürren, knappen Sätzen und Zahlenkolonnen, die der Steuerpflichtige zur Vorbereitung auf die Schlussbesprechung in Form des vorläufigen Schlussberichts bekommt, dient daher die Schlussbesprechung der Erläuterung der Prüfungsfeststellungen. Zum Teil haben sich der Steuerpflichtige und der Prüfer nie zuvor gesehen.
Möglicherweise wurden alle Fragen bislang zwischen der Auskunftsperson bzw. dem Steuerberater oder der Steuerfachgehilfin und dem Prüfer besprochen. Jetzt erläutert der Prüfer dem Steuerpflichtigen seine Feststellungen Punkt für Punkt. Dieser Teil der Schlussbesprechung hat also eine Erläuterungsfunktion. Demgegenüber kann der Finanzrichter die Prüfungsfeststellungen, da er sie nicht selbst getroffen hat, nicht oder jedenfalls nicht in der Weise erklären, wie dies der Prüfer könnte. Die Erläuterungsfunktion der Schlussbesprechung kann daher der Finanzrichter (Berichterstatter) nicht selbst vornehmen.
Soweit Fehler im Sachverhalt enthalten sind, wird die Auskunftsperson oder der Steuerpflichtige den Sachverhalt berichtigen.
Dies ist die (Sachverhalts)-Aufklärungs- bzw. Sachverhaltsfestlegungsfunktion – gerade bei tatsächlichen Verständigungen im Rahmen der Schlussbesprechung – und die (Sachverhalts-) Berichtigungsfunktion sowie die Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Sachverhaltsfestlegungsfunktion hat aber auch nicht nur bei tatsächlichen Verständigungen im BP-Bericht eine wichtige Rolle:
So kann es beispielsweise wichtig sein, dass bestimmte Sachverhaltsfeststellungen in dem BP-Bericht festgeschrieben werden, die nicht unmittelbar für die Steuerfestsetzung, möglicherweise aber für ein anschließendes Steuerstrafverfahren von Bedeutung sind.
In einem solchen Fall kann die umfangreiche Mitwirkung oder Feststellung zum Vorsatz, zur Leichtfertigkeit oder auch etwa nur zur mittelschweren oder leichten Fahrlässigkeit für die Bußgeld- und Strafsachenstelle bei einer anschließenden Durchführung des Steuerstrafverfahrens von entscheidender Bedeutung sein. Da der Betriebsprüfer sowieso entweder einen grünen oder roten Bogen ausfüllt, hat er vermeintliche tatbestandsmäßig Feststellungen (Sachverhaltsaufklärung, Akontozahlung, Wiedergutmachung der Steuerschuld) und zu sonstigen Strafzumessungsgründen einschließlich zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Steuerpflichtigen Angaben zu machen.
Hier kann mit dem Betriebsprüfer im Rahmen der Sachverhaltsfestlegungsfunktion in der Schlussbesprechung geklärt und im Betriebsprüfungsbericht aufgenommen werden, welche steuerlichen Änderungen beispielsweise aus Sicht des Betriebsprüfers sowie aus Sicht des Beraters und des Steuerpflichtigen ohne Vorsatz und nicht leichtfertig erfolgten.
Die BuStra ist zwar an derartige Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht nicht gebunden, sondern würdigt den Sachverhalt in eigener Zuständigkeit. Es ist aber legitim, dass der Steuerberater und der Steuerpflichtige darauf drängen, dass diese Sachverhaltsteile, die sowieso vom Prüfer im roten Bogen ausführlich dargestellt werden, auch sogleich im BP-Bericht mit aufgenommen werden.
Denn obwohl der rote Bogen einerseits in das Fallheft der Betriebsprüfung gehört und andererseits in die Ermittlungsakte der BuStra, ziert sich die Finanzverwaltung immer wieder rechtswidrigerweise, Akteneinsicht in das Fallheft der BP zu gewähren und erstaunlicherweise tauchen die roten Bögen nicht oder jedenfalls nur selten in den Ermittlungsakten der BuStra auf.
Diese Sachverhaltsfestlegungsfunktion kann gerade für das weitergehende Verfahren von immenser Wichtigkeit sein: Scheidet der Betriebsprüfer aus Altersgründen oder sonstigen Gründen aus der BP aus oder verstirbt er gar, sind solche einvernehmlich festgelegten Textpassagen für den weiteren Verfahrensgang entscheidend. Denn nicht nur das Finanzgericht, sondern auch bei einem eventuell sich anschließenden Steuerstrafverfahren das Strafgericht legen dann die Prüfungsfeststellungen sorgfältig aus – auch wenn sie sich natürlich stets eine selbständige Bewertung der Sach- und Rechtslage vorbehalten.
Soweit Fehler in der rechtlichen Würdigung enthalten sind, wird i.d.R. der Berater versuchen, dies richtig zu stellen.
Darin ist ebenfalls Gewährung rechtlichen Gehörs, Art. 103 I GG, und mithin eine Rechtsklärungsfunktion zu sehen. Hier können Urteile ausgetauscht bzw. Urteile zum Sachverhalt diskutiert22 und geprüft werden, ob und inwieweit diese wirklich anwendbar sind. Hier wird diskutiert, wie Urteile auszulegen sind und ob sie wirklich einen Präzedenzfall bzw. vergleichbaren Fall für das vorliegende Problem darstellen oder nicht bzw. inwieweit aus den Entscheidungsgründen oder obiter dicta wirklich das herausgelesen werden kann, was der Betriebsprüfer oder der Steuerberater darunter im jeweiligen Einzelfall verstehen möchte (sog.Erörterungsfunktion23).
Sinn und Zweck der Schlussbesprechung gehen aber weit darüber hinaus, denn die nach Abschluss der Betriebsprüfung noch offen gebliebenen Punkte sollen durch ein Rechtsgesprächs im Rahmen des rechtlich Zulässigen einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen werden. Gerade nach intensiver Sachverhaltserörterung und der Diskussion über die dich hieraus ergebenden steuerrechtlichen Konsequenzen (sog. Erörterungsfunktion), soll die Schlussbesprechung möglichst weitgehend einer Streitvermeidung dienen (sog. Streitvermeidungsfunktion).
Damit gewährleistet die Schlussbesprechung natürlich einerseits der Entlastung der Rechtsbehelfsstellen sowie der Finanzgerichte und des BFH, aber erfüllt hauptsächlich die Aufgabe der Befriedung zwischen Verwaltung und Bürger. Sie hat damit eine nicht zu unterschätzende Streitvermeidungs- und Befriedungsfunktion.
Denn die Erzielung der Einigkeit führt zu steuerlichem Rechtsfrieden und eine solche Einigkeit dient der Sache, aber auch insbesondere dem Ansehen des Fiskus und der Bereitschaft des Steuerzahlers häufig wesentlich mehr, als ein nach jahrelangem Streit obsiegendes Urteil. Die Schlussbesprechung auf die Gewährung rechtlichen Gehörs zu reduzieren, wird dem Wesen der Schlussbesprechung daher nicht gerecht.Rüsken meint mithin zutreffend, dass „der eigentliche Zweck der Schlussbesprechung weniger in der Gehörsgewährung als in dem Versuch der einvernehmlichen Beurteilung des Prüfungsstoffes liegen dürfte, die Rechtsbehelfe gegen nachfolgende Steuerbescheide vermeidet“.
Denn die Schlussbesprechung ist der Versuch, im Rahmen einer einvernehmlichen Gesamtregelung den Prüfungsfall nach Möglichkeit ohne Inanspruchnahme der Finanzgerichte zu regeln29. Diesen Teil kann man als Einigungs- oder Schlichtungsfunktion bezeichnen30. Mit dieser Einigungsfunktion sind auch eine Akzeptanz- und Befriedungsfunktion bezüglich des Steuerpflichtigen und eine ökonomische Entlastungsfunktion für die Finanzverwaltung verbunden. Die Einigung ist mithin keineswegs negativ oder auch nur einseitig von Interesse. Denn was nutzt eine hohe Steuernachforderung in Uneinigkeit und eine darauf basierende Staatsverdrossenheit? Besser ist eine einvernehmliche Steuernachforderung, die der Steuerpflichtige, wenn auch nicht gern, so jedoch überzeugt von deren Richtigkeit akzeptiert und bezahlt. Dies hilft auch Einspruchsverfahren und voluminöse Schriftsätze, zahlreiche Anträge (Einspruch, Aussetzung der Vollziehung, vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung etc.) sowie Klageverfahren zu vermeiden und ist daher effizient und verwaltungsökonomisch.
3. Sanktionsloser Verfahrensfehler?
Wird die gesetzlich vorgeschriebene Schlussbesprechung rechtswidrig nicht durchgeführt, so liegt darin, wie oben dargestellt, ein Verfahrensfehler31. Warum die Verletzung einer zwingend vorgeschriebenen Norm sanktionslos bleiben sollte, ist nicht ersichtlich.
Vielmehr ist die Verletzung eines subjektiven Rechts, nämlich des Anspruchs auf Durchführung der Schlussbesprechung ein Verfahrensfehler, der das Betriebsprüfungsverfahren rechtswidrig macht. Der Zwischenschritt der unterlassenen Schlussbesprechung kann nicht dadurch übersprungen werden, dass man sanktionslos einfach zum nächsten Punkt übergeht.
Dies wäre genauso, als wenn der Steuerpflichtige aufgrund ergangener Prüfungsanordnung den Prüfer nicht prüfen lässt und erwartet, dass keine steuerlichen Prüfungsfeststellungen getroffen werden dürfen, da keine Prüfung stattgefunden hat. Auch hier wird das subjektive Recht der Finanzverwaltung auf Prüfung des Einzelfalls nach § 193 Abs. 1 AO unterlaufen.
Kein Mensch käme hier auf die Idee, die Verweigerung der Durchführung der Außenprüfung als nicht rechtswidrig anzusehen oder sanktionslos dies lediglich als Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift oder bloße Ordnungsvorschrift mit der rechtlichen Folge anzusehen, dann zur Tagesordnung überzugehen. Spiegelbildlich kann genauso wenig das subjektive Recht auf Durchführung der Schlussbesprechung einfachübergangen werden.
Denn das würde bedeuten, dass das Finanzamt nach Belieben ohne nachteilige Rechtsfolgenendgültig auf die Schlussbesprechung verzichten kann. Es ist mit dem Gesetzeszweck indes unvereinbar, der Finanzverwaltung einen derartigen Freibrief für Verfahrensverstöße zu erteilen34. Vielmehr sind wegen dieses Verfahrensfehlers die bis dahin gefundenen Ergebnisse aus der Betriebsprüfung nicht verwertbar.
Der bis dahin allenfalls erstellte vorläufige Betriebsprüfungsbericht kann nicht zur Auswertung an den Veranlagungsbezirk weitergeleitet werden.
Es fehlt vielmehr ein wesentlicher Zwischenschritt, nämlich die Durchführung eine ordnungsgemäßen Schlussbesprechung, ohne die es verfahrensgemäß nicht weitergehen kann. Ein Ausfallenlassen der Schlussbesprechung könnte allenfalls nur dann sanktionslos bleiben, wenn die Schlussbesprechung tatsächlich in der Praxis mit allen ihren Funktionen vollständig nachgeholt werden würde und dem Steuerpflichtigen mithin zu einem anderen Zeitpunkt dieselben Rechte und dieselben Möglichkeiten, so wie er sie in der Schlussbesprechung hat, zuteil werden.
Damit konzentriert sich die Fragestellung darauf, ob nach einem rechtswidrigen Unterlassen der Schlussbesprechung, etwa in Form einer Zurückverweisung der Sache durch das Finanzgericht an die Betriebsprüfung, die Schlussbesprechung nachgeholt werden kann oder ob andere Stellen (Rechtsbehelfsstelle, Finanzgericht) die Schlussbesprechung in vollem Umfang nachholen können.
4. Nachholung möglich?
Die Schlussbesprechung kann allenfalls durch die BP nachgeholt werden, da nur diese den BP-Bericht und das Zustandekommen der einzelnen Prüfungsfeststellungen erläutern und eventuelle Sachverhaltsfragen weiter aufklären sowie die anderen Funktionen vollumfänglich wahrnehmen kann.
Auch die Einigungs- und Schlichtungsfunktion kann nur durch die BP erfolgen, wie auch die Streitvermeidungs- und Befriedungsfunktion. Dies scheint nur bezüglich einiger Teilbereiche (Aufklärungs- und Rechtsklärungsfunktion) für eine Nachholbarkeit der Schlussbesprechung zu sprechen. Schon aber die Streitvermeidungs- und Befriedungsfunktion kann das Finanzgericht oder auch die Rechtsbehelfsstelle nicht leisten, da in diesen Stadien der Steuerrechtsstreit längst losgebrochen ist.
Ob aber auch eine Einigungs- und Schlichtungsfunktion wie in der Schlussbesprechung vor dem Finanzgericht oder in der Rechtsbehelfsstelle möglich ist, ist nicht nur zweifelhaft, sondern zweifelsfrei zu verneinen. Schließlich kann auch eine nachträgliche Sachverhaltsfestlegung der einzelnen Prüfungsfeststellungen (Textziffern) in dem BP-Bericht durch das Finanzgericht nicht mehr erfolgen, wenn einmal der Betriebsprüfer seine vorläufigen Betriebsprüfungsfeststellungen veröffentlicht hat.
Wird dem Steuerpflichtigen die Schlussbesprechung rechtswidrig genommen, werden Formulierungen durch den Betriebsprüfer in die Welt gesetzt, d. h. Fakten festgehalten, die im weiteren Besteuerungsverfahren aber auch im weiteren Steuerstrafverfahren, soweit sich ein solches aus der Betriebsprüfung entwickelt hat, stets beachtet werden.
Es ist im Besteuerungsverfahren sowie auch im Steuerstrafverfahren schwierig, von diesen einmal schriftlich fixierten und publizierten Betriebsprüfungsfeststellungen wieder abzurücken.
Wird dem Steuerpflichtigen also die Schlussbesprechung rechtswidrig genommen und hat er keine Möglichkeit, auf die Sachverhaltsfestlegung auch textlich in der Schlussbesprechung Einfluss zu nehmen, erstarkt die eventuell unrichtige und dem Steuerpflichtigen in ein schiefes Licht stellende Formulierung zu einer nur schwer angreifbaren Vorverurteilung.
Dies beruht im Wesentlichen darauf, dass ein echter deutscher Beamter nichts Falsches schreiben und es deshalb schon so gewesen sein wird, wie es in den Prüfungsfeststellungen dargestellt ist. Gerade bei nicht völlig emotionsfrei formulierten Betriebsprüfungsberichten und einem eventuell sich anschließenden Steuerstrafverfahren oder einem entsprechenden Besteuerungsverfahren kann diese Sachverhaltsfestlegungsfunktion später nicht mehr, etwa durch die Rechtsbehelfsstelle oder durch das Finanzgericht, korrigiert bzw. ersetzt werden.
Denn Gegenstand des weiteren Besteuerungsverfahrens ist nicht die Richtigkeit bzw. Abänderbarkeit der einzelnen Prüfungsfeststellungen im BP- Bericht, sondern lediglich die Richtigkeit der Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen. Der BP-Bericht in seiner textlichen Fassung bleibt hingegen nach Versendung durch die Betriebsprüfungsstelle an den Veranlagungsbezirk im weiteren Verfahren unverändert. Auch durch ein Finanzgericht werden die textlichen Passagen des BP-Berichtes nicht mehr korrigiert. Dies folgt schon daraus, dass der BP-Bericht (angeblich) kein Verwaltungsakt sein soll, der isoliert angreifbar wäre bzw. dessen Formulierungen isoliert angegriffen werden können36. Zudem lässt sich in der Praxis eine Schlussbesprechung aus vielschichtigen Gründen tatsächlich nicht mehr nachholen. Denn Verfahrensfehler können nach § 126 AO nur in dem dort beschriebenen Umfang geheilt werden. Danach könne gemäß § 126 I Nr. 3 AO eine Heilung durch die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs eintreten37. Die Gewährung rechtlichen Gehörs ist in der Schlussbesprechung aber, wie bereits oben ausgeführt, nur eine Funktion von vielen.
Weiterhin spricht gegen eine Nachholbarkeit die Tatsache, dass die Schlussbesprechung das Betriebsprüfungsverfahren beendet.
Wie könnte aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes etwa ein Finanzgericht als Teil der Judikative ein Betriebsprüfungsverfahren, einen Teil der Exekutive, abschließen?
Schließlich ist, wenn mit einem Antrag auf Erteilung der verbindlichen Zusage zu rechnen ist, der Sachverhalt besonders ausführlich in dem Betriebsprüfungsbericht darzustellen. Ob allerdings die Erteilung einer verbindlichen Zusage beantragt wird, klärt sich im Regelfall erst in der Schlussbesprechung. Wie kann also hier die Finanzverwaltung ohne Abhaltung einer Schlussbesprechung ihrer Sachverhaltsdarstellungspflicht nachkommen?
Erst Recht kann das Finanzgericht als Teil der Judikative nicht den BP-Bericht als Teil der Exekutive formulieren oder nachholen und hier der Sachverhaltsfestlegungsfunktion der Schlussbesprechung gerecht werden.
Beschränkt man sich darauf, dass die Schlussbesprechung die Gewährung des rechtlichen Gehörs ist, Art. 103 Abs. 1 GG, so kann dieses auch später im Verfahren noch hinreichend gewährt werden, beispielsweise dann, wenn der vorläufige BP-Bericht antragsgemäß nach §202 Abs. 2 AO vor dessen Auswertung dem Steuerpflichtigen bzw. dessen Berater zwecks Stellungnahme zur Verfügung gestellt wird.
Dass aber der BP-Bericht selbst nur vorläufig bleibt und nicht endgültig ist, wird deutlich daran, dass die typischen Schlussbemerkungen bei der rechtswidrig unterlassenen Schlussbesprechung in dem bis dahin vorläufigen und auch weiterhin vorläufig bleibenden BP- Bericht nicht richtig ausgefüllt werden können. In der Schlussbemerkung wird nämlich regelmäßig danach gefragt, ob Einigung erzielt wurde und, soweit nur Einigung hinsichtlich der einiger Punkte erzielt wurde, hinsichtlich welcher. Gerade hinsichtlich der in der Schlussbesprechung streitig gebliebenen Punkte ist gem. § 12 Abs. 1 BPO 2000 der Sachverhalt im Prüfungsbericht umfassend darzustellen. Wenn aber keine Schlussbesprechung stattfindet, bleibt unklar, welche Punkte streitig bleiben, so dass der Betriebsprüfer gar nicht § 12 Abs. 1 BPO 2000 berücksichtigen kann.
Auch das Ausfüllen seiner Schlussbemerkungen ist dem Betriebsprüfer nicht in dem sonst üblichen Umfang möglich, da er gerade nicht feststellen kann, bezüglich welcher Prüfungsfestestellung Einigung erzielt wurde und hinsichtlich welcher nicht. Häufig wird in Schlussbesprechungen dann auch die Frage erörtert, ob die Zusendung des Prüfungsberichtes vor Bekanntgabe der berichtigten Steuerbescheide nach § 202 Abs. 2 AO beantragt wird oder nicht. Dieser Punkt wird entweder seitens des Finanzamtes oder seitens des Steuerberaters regelmäßig in der Schlussbesprechung angesprochen. Entfällt rechtswidrigerweise die Schlussbesprechung und werden die bis dahin vorläufigen Prüfungsfeststellungen einfach an den Veranlagungsbezirk zwecks Auswertung gesandt, wird dem Steuerpflichtigen bzw. dem Steuerberater die typischerweise in der Schlussbesprechung zu klärende Frage der Übersendung der Prüfungsberichte vor Bekanntgabe der Änderungsbescheide genommen.
Natürlich kann auch im Einspruchsverfahren gegen die Änderungsbescheide noch hinreichend rechtliches Gehör gewährt werden.
Diese Betrachtung wird jedoch der Funktion der Schlussbesprechung auch nicht ansatzweise gerecht. Die Gewährung rechtlichen Gehörs ist lediglich ein Aspekt von vielen. Denn die Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet, dass man sagen darf, welche Rechtsansichten man hat, inwieweit der Sachverhalt anders war bzw. dass man hierzu Beweisantritte vornehmen kann usw.
Ist dies aber tatsächlich alles, was in der Schlussbesprechung passiert?
Alle Praktiker wissen, dass in der Schlussbesprechung natürlich viel mehr passiert als die Gewährung derartigen rechtlichen Gehörs. Die Schlussbesprechung hat neben anderen Funktionen zwei zentrale Schwerpunkte: Die Schlussbesprechung möchte fast nur nebensächlich rechtliches Gehör gewähren, sie ist aber vielmehr ein Einigungsplatz, um die Rechtsbehelfstellen (und Gerichte) zu entlasten. Die überragende Stellung der Schlussbesprechung als Einigungsplatz ergibt sich dabei aus der Befriedungswirkung.
Die im Einigungswege akzeptierten Änderungen der Besteuerungsgrundklagen bzw. im Optimalfall der einvernehmlich akzeptierte BP-Bericht und die daraus resultierenden steuerlichen Änderungen haben eine weitaus höhere Befriedungsfunktion als ein streitiges Verfahren, gleichgültig wie es letzten Endes ausgeht. Wenn die Schlussbesprechung friedlich und einvernehmlich das Verfahren abschließt, ist dies nicht nur verwaltungsökonomisch, sondern ein nicht unerheblicher Akzeptanz- und Respektgewinn für die Verwaltung (Befriedung- und Überzeugungsfunktion).
Was kann es besseres geben als einen Steuerpflichtigen, der nach einer BP einsieht, die betreffenden Mehrsteuern auch tatsächlich mehr zahlen zu müssen und der sich nicht abgezockt fühlt, nicht staatsverdrossen ist und voller Hass auf die Finanzverwaltung sich schwört, das Geld sich schon irgendwie vom Finanzamt wiederzuholen?
Damit bleibt festzuhalten, dass es zwar zutreffend ist, dass die Schlussbesprechung auch der Gewährung rechtlichen Gehörs dient, aber damit nicht alle Funktionen der Schlussbesprechung erfasst sind. Nun könnte man die These vertreten, dass alle darüber hinaus gehenden Funktionen nur ein Unterfall der Gewährung des rechtlichen Gehörs sind und letztendlich diese Punkte auch später noch im Einspruchsverfahren oder im Klageverfahren je nach Fallgestaltung zur Anwendung kommen können.
Diese Überlegung ist jedoch nicht praxisnah.
Denn diese Einigungsbereitschaft, die am Ende einer Betriebsprüfung in der Schlussbesprechung zumindest im Regelfall vorhanden ist, ist in einem späteren Verfahrensstadium bei der Finanzverwaltung kaum noch in diesem Umfang zu erkennen. Ob hier die Finanzbeamten Angst haben, ihr Gesicht zu verlieren oder andere emotionale Gründe eine Rolle spielen, weswegen dieser Einigungsplatz nicht mehr vorhanden ist, wäre ggf. empirisch zu untersuchen.
Fest steht jedenfalls, dass sich im Regelfall die Fronten, wenn eine Einigung mit der BP scheitert, verhärten und diese später in der Schlussbesprechung typischerweise gegebene Einigungs- und Schlichtungsfunktion im weiteren Verfahren in dieser Form nie wieder Verfahrenswirklichkeit ist.
Damit werden dem Steuerpflichtigen durch eine rechtswidrig verweigerte Schlussbesprechung einerseits der Platz des einvernehmlichen Aushandelns und andererseits die Befriedungsmöglichkeit genommen. Mithin fehlen bei einer rechtswidrig unterlassenen Schlussbesprechung die zentralen Punkte, die selbst dann, wenn später rechtliches Gehör gewährt wird, nicht mehr in dem Verfahren nachgeholt werden können bzw. erfahrungsgemäß nicht mehr nachgeholt werden.
Während die Erläuterung und die tatsächliche bzw. rechtliche Aufklärung grundsätzlich auch noch im Einspruchs- oder Klageverfahren erfolgen können und daher die Nachholung tatsächlich möglich wäre, ist hinsichtlich der Einigungs- bzw. Befriedungsfunktion für § 126 AO, selbst wenn sie nachgeholt werden würden, was erfahrungsgemäß in den nachgeholten Schlussbesprechungen bei ursprünglich rechtswidrig unterlassenen Schlussbesprechungen nie der Fall ist, kein Raum, da sich die Atmosphäre eine Schlussbesprechung nicht künstlich erzeugen lässt, sondern gerade von der Intimität des Verfahrens, bis dato keine Außenwirkung, lebt.
Auch ist es dogmatisch nicht möglich, die Einigungsfunktion bei typisierender Betrachtungsweise nachzuholen. Zwar werden die betroffenen Finanzbeamten behaupten, sie seien in einem Gespräch, den Argumenten und damit einer Einigung stets auch nach der Versendung des BP-Berichtes zwecks Auswertung an den Veranlagungsbezirk noch offen.
Die Praxis spiegelt dies indes nicht wieder. Wer einmal eine nachgeholte Schlussbesprechung erlebt hat, weiß, dass dort ein eisiges Klima herrscht und die Beamten sauer sind, weil ihnen ein formaler Fehler unterlaufen ist und sie befürchten, damit gegenüber dem Veranlagungsbezirk oder überhaupt im Finanzamt ihr Gesicht zu verlieren. Eine Einigung kann aber nur erfolgen, wenn beide Seiten für die Argumente der andere Seite offen bleiben und nicht mit verhärteten Standpunkten in die Erörterung gehen und die Schlussbesprechung nur pro forma abgehalten wird.
Nun könnte man sagen, durch die Gewährung rechtlichen Gehörs (z.B. Übersendung des Prüfungsberichts bzw. im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens) wird dem Steuerpflichtigen eine der Schlussbesprechung vergleichbare Möglichkeit zur einvernehmlichen Lösung gegeben. Diese Betrachtungsweise läßt aber außer Acht, dass die Betriebsprüfer in eine Schlussbesprechung mit dem Vorsatz der Gesprächs- und Einigungsbereitschaft gehen, wohingegen sie sich nach Abfassung und Versendung des Prüfungsberichts an den Steuerberater auf einen Standpunkt festgelegt haben und diesen im weiteren Verlauf des Verfahrens zäh verteidigen.
Gerade die ungezwungene Atmosphäre, welche (meist) eine Schlussbesprechung auszeichnet, ist nach Abfassung und Versendung des Prüfungsberichts an den Steuerberater nicht mehr gegeben. Die Meinungen sind festgefahren.
Die BP will ihr Gesicht nicht verlieren und die Einigungsbereitschaft ist wie weggeblasen.
Schließlich kommt ein Nachgeben im Rechtsbehelfsverfahren einer Niederlage in Höhe der Nachgabe gleich, wohingegen eine Einigung im Rahmen einer Schlussbesprechung als zügiger Verfahrensabschluss und mithin als Erfolg in Höhe des Mehrergebnisses verbucht wird (das vorläufige Mehrergebnis kannte niemand, da es nicht an den Steuerberater publiziert wurde). Diese Überlegungen und Erfahrungen zeigen deutlich, dass sich die Ausgangslage für eine Einigung im Rahmen einer Schlussbesprechung deutlich von der nach Abfassung und Versendung des Prüfungsberichts zur Auswertung an den Steuerberater unterscheidet. Wir haben derartige Situationen in mehreren Verfahren bei völlig unterschiedlichen Finanzämtern42 mit völlig verschiedenen Amtsträgern erlebt. Dennoch war das Verhalten der Beamten stets gleich: brüskiert, gereizt, verärgert ob des entdeckten und beanstandeten Fehlers, dass sie rechtswidrig eine Schlussbesprechung nicht durchgeführt haben, so dass keine Einigungs- bzw. Befriedungsmöglichkeit mehr gegeben war.
Es gab also die Schlussbesprechung nie i.S. des § 201 I 1 AO; einmal rechtswidrig verweigert – nie mehr ordnungsgemäß durchgeführt. Die „Nachholung“ war nur eine Farce – ein Schein.
Nun kann man natürlich nicht darauf bestehen, dass Einigung über alle Prüfungsfeststellungen erzielt wird. Auch kann nicht jeder Punkt ausgehandelt werden. Bei klaren, unumstößlichen Feststellungen gibt es nun nichts zu verhandeln. Das Interessante an diesen Fällen war jedoch, dass sie neben Schätzungen auch andere Punkte enthielten, bei denen typischerweise der berühmte „Kuhhandel“ stattfindet – dennoch gab es bei den „nachgeholten“ Schlussbesprechungen keine Veränderungen.
Ein Höhepunkt der „Nachholung“ erfolgte beim FA Nauen, wo der SGL der BP anlässlich der „Nachholung“ der Schlussbesprechung nach ca. 20 Minuten meinte, dass jetzt genug Gelegenheit zur Stellungnahme gewesen wäre und die Schlussbesprechung damit abrupt abbrach – mitten im ersten von etlichen Prüfungspunkten43. – eine Nachholung einer Schlussbesprechung, also eine Gewährung all dessen, was üblicherweise eine Schlussbesprechung ausmacht, war dies nicht. Interessanterweise wurde in diesem Fall dann viel später im Verlauf des weiteren Einspruchsverfahrens entgegen den bisherigen Vorstellungen der BP die Zuschätzungen halbiert und im Klageverfahren vor dem FG sogar noch weiter reduziert. Das Argument, dass der Fall ausnahmsweise so klar ermittelt war, dass einfach kein Verhandlungsspielraum mehr vorhanden sei, über den man sich hätte einigen können, ist damit nachweislich widerlegt44.
Nun mag man darüber streiten, ob sich diese Erfahrungen empirisch belegen lassen. Solange es jedoch keine gesicherten Erkenntnisse darüber gibt, dass eine Nachholung unproblematisch – entgegen unseren Erfahrungen – grundsätzlich möglich ist und auch die anderen Funktionen der Schlussbesprechung, neben der Gewährung rechtlichen Gehörs, dann vollständig erfüllt werden, wird man nicht von einer echten Nachholungsmöglichkeit ausgehen können. Der scheinbar einfach aussehende Lösungsvorschlag – wenn die Schlussbesprechung vergessen wurde, holt man sie einfach später nach – funktioniert in der Praxis gerade nicht.
Eine Heilung eines Verfahrensfehlers kann darüber hinaus nur dann erfolgen, wenn dem Steuerpflichtigen die entzogene Rechtsposition vollständig zur Verfügung gestellt wird.
Damit müsste neben der Erläuterungs- bzw. Aufklärungsfunktion in tatsächlicher sowie rechtlicher Hinsicht und neben der Gewährung rechtlichen Gehörs auch die Einigungsfunktion bei der Nachholung der Schlussbesprechung gewährt werden. Dies folgt zwingend aus Art. 20 Abs. 3 GG. Jede andere Sichtweise würde dazu führen, dass das Finanzamt willkürlich bestimmen kann, ob eine Schlussbesprechung durchgeführt wird oder nicht bzw. was unter einer Schlussbesprechung zu verstehen ist und den Steuerpflichtigen damit in ein Rechtsbehelfsverfahren bzw. Klageverfahren zwingen, in welchem er sich gegen die Prüfungsergebnisse wehren muss, ohne wie andere Steuerpflichtige z.B. die Chancen einer Einigung bekommen zu haben. Ein derartiges Vorgehen wäre willkürlich und verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Dies bestätigt auch § 202 Abs. 1 S. 2 AO, in dem es heißt, dass „im Prüfungsbericht die für die Besteuerung erheblichen Prüfungsfeststellungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie die Änderung der Besteuerungsgrundlagen darzustellen sind“.
- Wie soll dies möglich sein, wenn die Schlussbesprechung nachgeholt wird und der BP-Bericht vorher schon fertig war?
- Wenn hier also Änderungen zur Sachlage vorgetragen werden, wie sollen diese in den bereits erstellten, versandten und ausgewerteten BP- Bericht eingearbeitet werden?
Schließlich ist über das Ergebnis der Außenprüfung eine Besprechung abzuhalten, § 201 Abs. 1 S. 1 AO (Schlussbesprechung), es sei denn, dass sich nach dem Ergebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergibt oder dass der Steuerpflichtige auf die Besprechung verzichtet. Soweit beides nicht der Fall ist, ist das Weglassen der Schlussbesprechung rechtswidrig. Weitere Möglichkeiten zum Entfallenlassen der Schlussbesprechung hat der Gesetzgeber nicht angeordnet.
Darüber hinaus finden sich im Gesetz an vielen weiteren Stellen Anhaltspunkte dahingehend, dass in der Schlussbesprechung nicht lediglich rechtliches Gehör gewährt wird. Denn so heißt es in § 201 Abs. 1 S. 1 AO: „Bei der Schlussbesprechung sind insbesondere strittige Sachverhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen und ihre steuerlichen Auswirkungen zu erörtern“. Die Erörterung ist jedoch nicht die Gewährung rechtlichen Gehörs, sie ist mehr.
Denn Erörterung bedeutet ein gemeinsames Gespräch zwischen Betriebsprüfer und Steuerpflichtigen bzw. dessen steuerlichen Berater, wohingegen der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur den einseitigen Vortrag des Steuerpflichtigen, den die Finanzbehörde insoweit lediglich zur Kenntnis nehmen muss, umfasst. Die Erörterung setzt mithin das Zwiegespräch voraus. Damit hat der Gesetzgeber in § 201 Abs. 1 S. 2 AO durch den Wortlaut „erörtern“ klargestellt, dass lediglich die Gewährung rechtlichen Gehörs nicht ausreichend ist.
Auch wenn die Äußerungen in der Schlussbesprechung nur einen vorläufigen Charakter haben und weder Zusagen im Rahmen der BP oder der Schlussbesprechung, die im Bericht nicht aufrecht gehalten werden, eine Bindungswirkung entfalten, noch die Zustimmung des Steuerpflichtigen zu einem oder allen Prüfungsfeststellungen einen Rechtsbehelfsverzicht darstellen46, werden doch in der Praxis die einvernehmlich in der Schlussbesprechung gefundenen Ergebnisse fast ausnahmslos umgesetzt.
Eine Fairness, eine Art Ehrenwort steht dafür ein, dass weder der Prüfer noch der Berater von dem ausgehandelten Ergebnis abweicht. Damit mögen solche Einigungen keine rechtlich einklagbare Bindungswirkung haben – sie haben aber eine faktische Bindungswirkung. Ob vor diesem Hintergrund nicht eine ständige Verfahrenspraxis der Verwaltung anzunehmen ist, die dann doch zu einer Selbstbindung über Art. 3 Abs. 1 GG führt, braucht indes vorliegend nicht untersucht und entschieden zu werden.
Denn schon mit der Feststellung, dass eine faktische Bindung der Verwaltung besteht, die sich (fast) immer an die in der Schlussbesprechung ausgehandelten Ergebnisse hält, führt zu der weiteren Feststellung, dass der Steuerpflichtigen, dem der Einigungsplatz durch eine rechtswidrige Nichtabhaltung der Schlussbesprechung entzogen wurde, gegenüber anderen Steuerpflichtigen, die eine normale, ordentliche Schlussbesprechung erhalten, massiv benachteiligt wird.
5. Rechtsfolgen des Verfahrensfehlers
Fraglich ist, welche Rechtsfolge dieser Verfahrensfehler nach sich zieht. Die Finanzgerichte wollen diesem Verfahrensfehler bislang keine rechte Bedeutung zumessen. Danach soll entweder eine Heilung durch nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs47 oder eine Nachholung der Schlussbesprechung48 möglich, die Änderungsbescheide aber nicht allein deswegen nichtig sein. Das Schrifttum ist der Rechtsprechung, wenn auch mit teilweise kritischen Anmerkungen49, gefolgt.
So halten z.B. auch Blumers/Frick/Müller das Ergebnis des FG Rheinland-Pfalz und des BFH für unbefriedigend.
Nur meinen Blumers/Frick/Müller, dass es kaum vorstellbar ist, dass durch sämtliche verfügbaren behördlichen Instanzen eine Schlussbesprechung verweigert wird.
Dem wäre zuzustimmen, wenn eine Nachholung der Schlussbesprechung gewollt und rechtlich möglich ist. Unter Berücksichtigung des nach unseren empirischen Erkenntnissen fehlenden Willens an einer echten Nachholung – wie oben dargelegt – fehlt es häufig auch an einer rechtlichen Möglichkeit einer Nachholung der Schlussbesprechung. Denn für die ordnungsgemäße Durchführung der Schlussbesprechung ist ausschließlich die BP zuständig. Diese ist aber formal im Einspruchsverfahren gegen die Änderungsbescheide nicht mehr zuständig, da mit der Übersendung des Schlussberichtes und der wenn auch falschen Annahme, es sei eine der beiden Ausnahmen des § 201 I 1 AO gegeben, das Betriebsprüfungsverfahren abgeschlossen ist52. Eine Wiedereintrittsmöglichkeit in die Betriebsprüfung gibt es danach rechtlich nicht mehr.
Ebenso wenig wie der Richter nach Verkündung des Urteils noch einmal in die mündliche Verhandlung eintreten kann, kann der Betriebsprüfer nach der Fertigstellung des zur Auswertung übersandtem BP-Berichts noch einmal in die Prüfung oder in die Schlussbesprechung einsteigen. Die bloße Gewährung rechtlichen Gehörs durch den Veranlagungsbezirk genügt aus den oben aufgezeigten Gründen den Anforderungen an eine echte Nachholung einer Schlussbesprechung nicht.
Da der Veranlagungsbezirk für eine Schlussbesprechung zudem unzuständig ist und er die Erläuterungs- und die Aufklärungsfunktion nicht oder nicht so gut leisten kann, wie die BP, da er die betrieblichen Verhältnisse vor Ort nicht kennt, kann er die Schlussbesprechung auch nicht wirksam nachholen. Schließlich kann der Veranlagungsbezirk die Einigungsfunktion auch nicht so gut umsetzen wie die BP, da sie im Innenverhältnis nicht der BP in den Rücken fallen will und sich an den Prüfungsfeststellungen der BP stets orientieren und jedenfalls nicht so frei über die einzelnen Punkte verhandeln wird, wie dies die BP in einer normalen Schlussbesprechung macht – schon weil der Veranlagungsbezirk diese Einigungsgespräche gar nicht gewohnt ist. Zudem muss der Veranlagungsbezirk bei jeder Abweichung vom BP-Bericht intern zuvor Rücksprache mit der BP halten53, was das Verfahren der Nachholung auch beim Veranlagungsbezirk zäh bzw. unpraktikabel und mithin faktisch unmöglich macht.
Als Konsequenz aus dem Ergebnis, dass eine Heilung durch nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs bzw. eine Nachholung der Schlussbesprechung nicht möglich ist, ist daher festzuhalten, dass die einer rechtswidrig unterlassenen Schlussbesprechung ein Verfahrensfehler ist, der einen Verstoß gegen Art. 20 III GG darstellt. Nach den Grundsätzen über die
Folgen eines unfairen Verfahrens hat dieser Verstoß ein steuerliches Verwertungsverbot zur Folge. Enthält der BP-Bericht auch steuerstrafrechtlich relevante Feststellungen, so unterliegen auch diese einem Verwertungsverbot.
Der BFH steht hinsichtlich der fehlenden Schlussbesprechung bisher auf dem Standpunkt, dass die Tatsache des Fehlens allein nicht zur Nichtigkeit der Prüfungsergebnisse führt. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass er die Möglichkeit eines Verwertungsverbots nicht ausschließt. Die Literatur lässt diese Schlussfolgerung bisher vermissen55. Jedoch ist dieser Umstand hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass eine intensive empirische Untersuchung der unterschiedlichen Rechtsposition des Steuerpflichtigen vor und nach der Schlussbesprechung bzw. mit und ohne Schlussbesprechung und die in der Praxis nicht vorkommende echte Nachholung der Schlussbesprechung nicht vorgenommen wurde56.
Insoweit ist das unheilbar kranke Prüfungsverfahren wegen eines Verfahrenshindernisses nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO ohne Mehrergebnis und ohne Prüfungsfeststellungen einzustellen und zu beenden.
Die Finanzverwaltung kann jedoch eine neue Prüfungsanordnung für dieselben Steuerarten erlassen. Dabei hat sie die geltenden Gesetze zu beachten und muss – je nach Zeitablauf – einen BP-Zeitraum innerhalb der Regelfestsetzungsverjährungsfristen wählen, was in der Regel zu einer Verschiebung der Prüfungszeiträume je nach Zeitablauf führen kann oder muss.
Um zu verhindern, dass die Verwertungsverbote unterlaufen werden, muss ein anderer Prüfer und ein anderer SGL für die neue Prüfung zuständig sein und es muss sichergestellt sein, dass die alten Prüfungsfeststellungen ohne Rückhaltung von Kopien vernichtet werden und insbesondere dem nunmehr zuständigen Prüfer keine Prüfungsergebnisse aus der verfahrensfehlerhaften Vorprüfung bekannt werden. Notfalls muss ein ganz anderes Prüfungsfinanzamt prüfen.
6. Fazit
Die rechtswidrig unterlassene Schlussbesprechung stellt einen Verfahrensfehler dar.
Die Schlussbesprechung kann nach Versendung des Berichts zur Auswertung nicht mehr durch die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs geheilt bzw. im Ganzen nachgeholt werden. Dieser Verfahrensfehler führt zu einem steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Verwertungsverbot, letzteres auch, soweit steuerstrafrechtliche Feststellungen in diesem BP-Bericht enthalten waren. Das FA kann jedoch eine neue Prüfungsanordnung erlassen – für dieselben Steuerarten und für noch nicht regelfestsetzungsverjährte Prüfungszeiträume, was zu einer Verschiebung der Prüfungszeiträume im Verhältnis zur verfahrensfehlerhaften Erstprüfung führen kann. Ein anderer Prüfer und ein anderer SGL sind für die neue Prüfung zuständig, da andernfalls die Verwertungsverbote allzu leicht zu unterlaufen wären. Notfalls muss ein ganz anderes Prüfungsfinanzamt prüfen.