Wieder so ein Korkenfall – die Enttarnung der Steuerhinterziehung beim Winzer
Wieder so ein Korkenfall – die Enttarnung der Steuerhinterziehung beim Winzer
Der Korken ist ein elastischer, weitgehend wasser- und gasdichter Flaschenverschluss aus Kork, primär für Wein-, Sekt- und Obstbrandflaschen. In Österreich wird der Korken auch als Stoppel (von zustoppeln), in der Schweiz als Zapfen bezeichnet.
Bereits im antiken Griechenland, Assyrian und alten Ägypten wurden Korkpfropfen in die Öffnungen von Amphoren gedrückt, um Weingefäße zu verschließen.
Bis ins späte 17. Jahrhundert wurden jedoch mehrheitlich in Öl getauchte und mit Hanf umwickelte Holzstopfen sowie Tonstopfen genutzt.
Der Benediktiner Pierre Périgon stellte um 1680 fest, dass diese Stopfen nach längerem Transport aus den Schaumwein-Flaschen sprangen. Er ersetzte sie durch Korkstopfen. Andere Champagnerhäuser übernahmen das Verschlusssystem bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wirkliche Bedeutung gewann Kork als Flaschenverschluss erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts: Die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen weiteten sich aus, daher war es sinnvoll, Flaschen fest zu verschließen.
Um 1855 wurden Korken im Deutschen Kaiserreich lediglich in Delmenhorst produziert.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten Flaschen zu verschließen: Naturkorken, Pastikkorken, Schraubverschlüsse aus Metall oder Plastik, oder z.B. Kronkorken. Wenden wir uns mal den häufigsten Verschlüssen für Weinflaschen, Sektflaschen und Branntweinen zu: den Korken: allein optisch schauen sie unterschiedlich aus: lange, schmale, solche mit Pilzköpfen, Korken mit Kunststoffkappe.
Verwendet man einen mit Hohlmessern aus der Rinde geschnittenen Stopfen, so spricht man von „Naturkorken“. Diese Korken gelten als die hochwertigste und langlebigste Variante. Aus Gründen der Kostenersparnis werden Korken aber auch aus Korkgranulat hergestellt. Hierbei werden kleine Korkstückchen unter hohem Druck mit Leim oder Harz zu einem Korken zusammengepresst.
Einen auf diese Weise hergestellten Korken nennt man „Presskorken“. Presskorken werden vor allem für günstige Weine verwendet und gelten als weniger lagerfähig. Das Risiko des Zerbröselns ist bei festsitzenden Korken größer als bei Naturkorken. Am Ende werden Presskorken manchmal mit einer gewachsenen Korkscheibe versehen, um den direkten Kontakt zum Verbundmittel zu verhindern und Geschmacksneutralität zu gewähren.
So gestaltete Presskorken heißen „Verbundkorken“. Klebt man Scheiben auf die Ober- und Unterseite, so spricht man von „1+1-Korken“ oder „2-Scheiben-Korken“.
Das Einsetzen eines Korken (Verkorken) erfolgt meist maschinell in der Weise, dass der Korken zunächst durch eine konische Presse so weit zusammengedrückt wird, dass sein Durchmesser etwas geringer ist als der Innendurchmesser des Flaschenhalses.
Anschließend wird er mit hoher Geschwindigkeit in den Flaschenhals gestoßen. Durch den wegfallenden Pressdruck dehnt der Korken sich aus und presst sich an die Innenwand des Flaschenhalses (bei Sektkorken erfolgt die zusätzliche Befestigung durch die Agraffe).
Ein Durchschnitts-Weinkorken hat eine Länge von ca. 38 mm bis 60 mm. Entscheidend für die Qualität des Korkens sind das Ausgangsmaterial und die Länge des Korkens. Gute Korken sind glatt, fest und lang, außerdem haben sie möglichst wenig Poren.
Da es sich bei Korken um ein Naturprodukt handelt, ist durchaus möglich, dass Korkenlängen innerhalb eines Jahrgangs variieren. Unterschiedliche Korkenlängen des gleichen Weines.
Der Durchmesser eines unverkorkten Standardkorkens beträgt 24 mm. Er wird im Flaschenhals auf 19 mm zusammengepresst. Der Durchmesser eines unverkorkten Sektkorkens beträgt in der Regel 30,5 mm und seine Länge 48 mm. Durchmesser und Größe variieren jedoch nach Flaschengröße.
Zur Erhöhung der Dichtigkeit wird der Korken meist mit einer dünnen Silikon-Kautschuk-Schicht überzogen (früher: Paraffin). Zudem werden viele Korken individualisiert, indem die bestellenden Weingüter ihren Namen oder ein Wappen auf „ihren“ Korken aufgedruckt erhalten.
Bei der Verprobung der Vollständigkeit der Versteuerung der Einnahmen bei Winzern ist es wie bei vielen anderen Branchen: Man geht zum Großhändler und überprüft die Verkäufe an die betreffenden Winzer.
Aber der Reihe nach:
Dreh- und Angelpunkt und Auslöser der Ermittlungsserie gegen Winzer in der Moselregion sollen Erkenntnisse aus einem Verfahren gegen einen aus steuerlicher Sicht auffälligen Winzer aus dem Bereich Cochem gewesen sein.
Der Betrieb soll den Fahndern bereits 2013 aufgefallen sein. Dann kam es dort zu einer Fahndungsdurchsuchung, weil der Verdacht der Steuerhinterziehung bestand. Tatsächlich wurden nach den Ermittlungsergebnissen der Fahndung Schwarzeinnahmen aus Weinverkäufen festgestellt.
Um die Schwarzeinnahmen verschleiern zu können, erwarb der Winzer nach den Ermittlungen der Fahnder regelmäßig bei verschiedenen Lieferanten zum Beispiel Korken gegen Barzahlung.
Er hatte einen Hauptlieferanten, bei dem bestellte er nur offiziell gegen Lieferschein und Rechnung. Den Fahndern waren aber auch andere Korkenanbieter aufgefallen, deren Preislisten in der Schublade des Winzers lagen. Auf den Preislisten war hinter einigen zu den Flaschengrößen des Winzers passenden Korken die Kürzel „BV“ geschrieben.
Der Winzer äußerte sich nicht dazu, was die Abkürzung heißen könne. Oder wer sie hinter die Preise in den verschiedenen Preislisten handschriftlich geschrieben hatte.
Es war immer dieselbe Handschrift. Aber die beiden Buchstaben waren nach Auskunft des Zolltechnischen Kriminalamtes zu wenig, um eine erfolgversprechede Analyse und eine Handschriftenübereinstimmung zu machen. Dafür brauchten sie mehrere Buchstaben und mehr Verprobungsmaterial, etwa typische Schriftneigung, Größe der einzelnen Buchstaben und Abstände zueinander, Druckbuchstaben oder Schreibschrift, Normorientierung, Einheitlichkeit, Besonderheiten bei einzelnen Buchstaben, Normororientierung der einzelnen Buchstaben um zu prüfen, ob etwa das „BV“ von dem Winzer käme.
Dafür genügten die paar „BV“s auf den Preislisten nicht. Außerdem war auf einer Preisliste das BV fasst graviert, indem es offenbar mehrfach mit dem Kuli übermalt wurde. Das verändert und verwässert die Brauchbarkeit der Handschrift, da sie dann nicht mehr frei gezeichnet ist, sondern durch das mehrfache übermalen die individuellen Konturen hin zur Norm getrimmt werden. Da kann dann nicht mehr durch den PC die Abweichung des Handschriftenbildes zur Norm herauskristallisiert werden, da das Charakteristische an der Handschrift durch das mehrfache Übermalen egalisiert wurde.
Zuerst kam den Fahndern natürlich die niederländische BV in den Sinn: Die besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (wörtlich: geschlossene/private Gesellschaft mit beschränkter Haftung – also das niederländische Pendant zu der deutschen GmbH), abgekürzt B.V. oder BV.
Doch das machte hinter den Preislisten der Korkenhersteller nicht so wirklich Sinn.
Am Anfang Stand der Verdacht im Raum, dass die Flaschen mit diesen Korken an eine niederländische BV verkauft und versandt wurden. Aber so wirklich verständlich wurde dies damit auch nicht, zumal Mengen, Daten, Weinsorte fehlten und mehrere bei dieser Korkengröße in Betracht kamen und dann die Korkren doch auch zuerst gekauft hätten werden müssen – aber Eingangsrechnungen gab es nicht. Wie man es in der Fahndung drehte und wendete: diese These machte keinen Sinn.
Nachdem mehrere Verprobungen im Zeitreihenvergleich und die Zeitzonenanalsye auch keine Erklärungen zu bringen schienen, kam einer der Fahnder auf die Idee, eine Korkenunterdeckungsrechung zu machen, was aber auch im Sande verlief.
Der Abgleich mit dem Kellerbuch und den offiziellen Korken-Eingangsrechungen und Lieferscheinen brachte mal eine Korkenüberdeckung, mal eine Unterdeckung.
Auch die Inventurdaten brachten keine weiteren Erkenntnisse: Eine exakte Korkeninventur nach Größe und Machart war nicht zu finden. Ein angeblicher Inventurbestand als Restbestand war stets geschätzt in den Büchern vorhanden. Schließlich kam einer der Fahnder auf die Idee, das „BV“ könne vielleicht auch Barverkauf heißen. Damit war die Arbeitstheorie geboren, der Winzer könnte die Korken bei diesen Anbietern gegen Barverkauf gekauft haben und den damit verkorkten Flaschen schwarz verkauf haben. Da keinerlei Bareinkäufe bei diesen Korkenanbietern in der Buchhaltung des Winzers enthalten waren, überlegte man weiter, wie man diesen eventuellen Schwarzeinkauf und das damit unterstellte System der Parallelverkürzung dem Winzer beweisen könne.
Also musste man den zuständigen Ermittlungsrichter überzeugen, dass hier die einzelnen Korkenhersteller bzw. Korkenlieferanten hier eine Beihilfe zu einer fremden Steuerhinterziehung geleistet haben, in dem sie einfach völlig unüblich Barverkäufe an den Winzer vorgenommen hatten.
Denn, so der Argumentationsaufbau, würde jeder Korkenhersteller bzw. Korkenlieferant natürlich das Wappen oder den Namen des Weinguts mit auf die zu liefernden Korken prägen.
Natürlich wären die Winzer den Korkenherstellern auch namentlich bekannt, sodass es dort eigentlich keine Barverkäufe geben dürfe. Die bisherigen Vorfeld Ermittlungen ließ nur den Schluss zu, dass die einzige sinnvolle Auslegung des handschriftlichen BV hinter einzelnen Korkenpreisen in der Preisliste nur bedeute, dass diese Korken eben als Barverkauf bei diesen Korkenherstellern gekauft wurden.
Dies sei eine strafbare Beihilfe der entsprechenden Korkenhersteller und daher müssten diese durchsucht werden, um den kompletten Umsatz an Korken und entsprechend schwarz verkauften Flaschen zu ermitteln.
Und da der Beschuldigte nicht nur bei einem Korkenhersteller Korken bezogen hätte, sondern von mehreren verschiedenen Korkenherstellern die Preislisten mit der teilweisen Kennzeichnug BV gefunden worden waren, müssten eben gegen alle diese Korkenhersteller Ermittlungsverfagren eingeleitet und Durchschungen durchgeführt werden, um möglichst genau zu ermitteln, welche Mengen an Korken im Rahmen der Parallelverkürzung schwarz eingekauft wurden.
Denn der Verdacht bestand dahin, dass der Beschuldigte ganz bewusst bei mehreren verschiedenen Korkenherstellern verschiedene Korken offiziell gegen Barverkaufsrechnung aber letztendlich natürlich schwarz eingekauft habe, um diese nach seinem Kellerbuch nicht existierenden Flaschenmengen schwarz zu verkaufen.
Um später nicht in einer Betriebsprüfung insoweit nach kalkulierbar zu sein, habe er die verschiedenen Mengen bei verschiedenen Korkenherstellern gekauft, was sich durch die Preislisten mit dem jeweiligen Vermerk BV hinter den einzelnen Produkten bestätige.
Intern hatte die Steuerfahndung Zweifel, auf einen solch dünner Durchsuchungsbeschluss durchgehen würde.
Normalerweise müsste der Ermittlungsrichter den Sachvortrag prüfen und zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit im Sinne das Tatverdachts bejahen. Ein bloßes für möglich halten wäre zu wenig. Das einzige Beweismittel war der handschriftlichen Vermerk BV hinter einzelnen Preisen einzelner verschiedener Korken in unterschiedlichen Preislisten verschiedene Korkenanbieter.
Ein Beweis im Sinne eines Barverkaufs oder im Sinne einer Parallelverkürzung war das natürlich nicht.
Deswegen schrieb die Bußgeld und Strafsachenstelle noch in dem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses hinzu, dass solche Parallelverkürzungen bei zahlreichen Großhändlern auch schon in anderen Branchen als gängiges System festgestellt worden waren und daher der Anfangsverdacht auch auf dieser kriminalistischen Erfahrung zurückginge.
Außerdem ließen sich in einzelnen Jahren, in denen es korkenmäßig eine Unterdeckung im Korkeneinkauf gab, dies nur durch die schwarzen Zukäufe bei anderen Korkenanbietern erklären.
Die Bußgelder Strafsachenstelle nannte 3 Jahre, in denen tatsächlich eine Unterdeckung im Korken Einkauf im Verhältnis zum Anzahl der verkauften Flaschen nach dem Kellerbuch bestand. Das in den jeweiligen Jahren davor Korken-Überschüsse da waren und möglicherweise aus den Restbeständen der Vorjahre die Flaschen verkauft wurden, die in den Folgejahren nach den Eingangsrechnungen rechnerisch eine Unterdeckung hatten, lies die Bußgeld- und Strafsachenstelle in dem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses einfach weg.
„Das müsste eigentlich so durchgehen“, meinte der Sachbearbeiter bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle zu seinem Sachgebietsleiter. „Wir legen am besten noch 2 andere Durchsuchungsbeschluss Anträge in anderen Sachen dem Ermittlungsrichter gleich mit vor.“ sagte der Sachgebietsleiter und dachte, der Ermittlungsrichter liest die im Zweifelsfall sowieso nicht wirklich.
„Wir hatten bislang erst eine einzige Beanstandung in den 17 Jahren, in denen ich hier bin.“, sagte der Sachbearbeiter zum Sachgebietsleiter. „Das wird doch hoffentlich so genügen?“. Der Sachgebietsleiter nickte zustimmend, unterschrieb den Durchsuchungsbeschlussantrag und hoffte innerlich, dass die Sache so durchgehen würde. Schlimmstenfalls bekäme er vielleicht einen Anruf von dem Ermittlungsrichter.
Dass die Durchsuchungsbeschlussanträge abgelehnt werden würden, war tatsächlich extrem selten. Das war bundesweit so, wie er von anderen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Dienststellen wusste. „Das liegt natürlich an unserer guten Ermittlungsarbeit“, sagte er wissend lächelnd zu seinem Sachbearbeiter und bedankte sich bei ihm, für den guten Antrag und die gute Arbeit.
Am nächsten Tag waren die Anträge durch Boten beim Amtsgericht. Drei Tage später kam der Anruf vom Amtsgericht beim Sachgebietsleiter. Allerdings nicht von dem Ermittlungsrichter, sondern bloß von der Geschäftsstellenbeamtin. Sie teilte ihm mit, die 3 Anträge lägen mit den mehr Ausfertigungen unterschrieben zur Abholung für ihn bereit.
Das mache er gerne, erwiderte der Sachgebietsleiter und schickte gleich einen Boten los.
Er freute sich über die gute und reibungslose Zusammenarbeit mit dem Ermittlungsrichter. Am nächsten Tag saß der Sachgebietsleiter der Bußgeld- und Strafsachenstelle mit dem Sachgebietsleiter der Steuerfahndung zusammen. Sie die drei Fälle, aber insbesondere sehr ausführlich den Durchsuchungsbeschluss gegen mehrere Korkenlieferanten wegen des Verdachts der Beihilfe.
Die spannende Frage war, ob die Korken Lieferanten zusammen durchsucht werden mussten oder nicht.
Da es um vier Firmen ging und bei diesen Größenordnungen mindestens 20 Fahnder je Firma benötigt werden würden, müssten bei einem zeitgleichen Zugriff von anderen Fahndungsfinanzämtern Kolleginnen und Kollegen angefordert werden. Möglicherweise sogar aus benachbarten Bundesländern. Die Durchsuchungsbeschlüsse, getrennt nach Korkenherstellern – schon wegen des Steuergeheimnisses (denn es ging ja den einen Korkenhersteller nichts an, dass gegen seinen Kollegen wegen desselben Verdachts ebenfalls ein Verfahren anhängig war) – konnte man auch einzeln vollziehen.
Weil sich in der Branche jeder kannte, war anzunehmen, dass die Maßnahmen irgendwann durchsickern würden. Man würde also relativ rasch nacheinander die vier Durchsuchungsbeschlüsse bei den vier Korkenverkäufern vollziehen.
Insoweit einigten sich die beiden, am kommenden Montag mit den Fahndern den Einsatz zu besprechen und zu planen. Am Dienstag und Donnerstag und darauf folgenden Dienstag und Mittwoch die Durchsuchungsbeschlüsse gegen die vier Beihilfeverdächtigen zu vollziehen.
Freitags wollten alle sowieso mittags gegen 12:00 Uhr nach Hause, sodass der Freitag nie ein guter Durchsuchungstag war, da man nie genau wusste, wo man wirklich fertig war. Und bevor die eigenen Leute nicht mehr genau genug durchsuchten, nur weil sie nach Hause wollten, war der Freitag eigentlich nie Durchsuchungstag, nur dann, wenn es gar nicht anders ging und vom Vortag noch irgendwelche weiteren Maßnahmen dringend vollzogen werden mussten.
Man entschied sich, nach dem 1. Durchsuchungstag, dem Dienstag, den Mittwoch erst einmal freizulasssen um das beschlagnahmte Material zu sichten. Es sollten gesammelte Erfahrungen ausgetauscht werden, um bei der nächsten Durchsuchung beim Korkenlieferanten am Donnerstag optimierter vorzugehen.
Da man selbst mit 24 Fahndern das zweitgrößte Fahndungsfinanzamt im Land war, aber immer wegen Krankheit oder der eine oder andere fehlen konnte und zudem mindestens vier Fahnder als eine Art Notbesetzung für Einfälle und dringende Anfragen anderer Behörden im Amt bleiben sollten, wurden noch 6 Fahnder im Rahmen der Amtshilfe – wie in solchen Fällen üblich – angefordert.
Die Ablaufpläne wurden spezifiziert und hinsichtlich der teilnehmenden Personen, der zu bildenden Teams und der sonstigen Details personalisiert. Die Zugriffszeiten und die Zugriffstrupps wurden entsprechend den Eingängen der Firma eingeplant. An jedem Ein- und Ausgang waren zu Beginn drei Fahnder. Bei vier Eingängen nach den Bauplänen bzw. Lageplänen waren damit 12 Fahnder an den Eingängen zu postieren. Die anderen 10 gingen durch den Haupteingang und sollten sich so verteilen, dass zwei zum Firmeninhaber, zwei in die Buchhaltung, zwei zum Verkauf, zwei zum Pförtner, zwei zum Lager gingen. Da alle sowieso ihre Diensthandys dabei hatten und jederzeit kommunizieren konnten, konnten notfalls auch alle neu postiert bzw. einzelne abgezogen oder umpostiert werden.
Schon die erste Durchsuchung war ein Erfolg. Zwei Mitarbeiter konnten vor Ort vernommen werden. Sie räumten ein, den beschuldigten Winzer zu kennen und auf dessen Wunsch kein Kundenkonto angelegt zu haben. Die Korken wurden nicht mit dem Wappen bedruckt. Die Korken wurden gegen Barzahlung verkauft.
Er sei mindestes dreimal dagewesen und habe so bar eingekauft. Er hätte eine typische Bargeld-Banktasche gehabt, so wie sie von den Sparkassen ausgegeben werden.
Am Mittwoch kam es dann zu einem intensiven Austausch und man kam überein, dass man sich auf Vernehmungen der Mitarbeiter und die Beschlagnahme der elektronischen und papiermäßigen Unterlagen konzentrieren wolle. Auch die zweite Durchsuchung war erfolgreich: ein Mitarbeiter in der Buchhaltung identifizierte die Bareinkäufe des Beschuldigten sofort. Die seien ihm damals schon komisch vorgekommen, da doch jeder Winzer, der etwas auf sich halte, seinen Namen oder sein Wappen oder beides auf die Korken aufgedruckt haben wollte. Warum dieser hier nicht, kam ihm merkwürdig vor.
Ähnlich verliefen die anderen Fahndungsdurchsuchungen. Man führte sie nur noch reduziert mit 20 bzw. 18 Beamten durch. Interessant waren die Erkenntnisse, dass mehrere Winzer bar bei den Korkenherstellern eingekauft hatten.
Einige wollten trotzdem den Namen oder ihr Wappen aufgedruckt haben, wollten trotzdem einen Barverkauf.
Der eine oder andere habe angedeutet, dass das Finanzamt sein Konto gepfändet hätte und er daher derzeit nur bar zahlen könne. Daraus ergaben sich zahlreiche neue Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche andere Winzer. Es war also wie so häufig: Der Großhändler hatte halb und halb oder teilweise nur Bar-Geschäfte mit dem einen oder anderen Winzer gemacht und das ließ auf Schwarzverkäufe des Weins insoweit schließen. Es waren auch sehr angesehene Winzer und größte Weingüter darunter.
Die Fahnder staunten nicht schlecht: das las sich ja fast wie das who is who der Winzer.
Auf der anderen Seite sprachen sich die Fahndungsdurchsuchungen herum: alle Winzer, Weinhändler, Korkenverkäufer und Korkenhändler waren ruckzuk informiert … die Buschtrommeln funktionierten sehr gut. In der Folgezeit kam es daraufhin zu zahlreichen Selbstanzeigen. Die Fahnder schmunzelten über diesen Nebeneffekt der Selbstanzeigen und machten nur langsam mit den Verfahrenseinleitungen weiter. Sie warteten auf möglichst viele Selbstanzeigen. Denn jede Einleitung sperrte die Selbstanzeige, so dass dies letztlich mehr Arbeit für die Fahnder bedeutete. Die Selbstanzeigen einsammeln war da die viel angenehmere und effizientere Arbeit.
Die Steuerfahndungsstelle des FA Trier berichtete über diese Ereignisse gegenüber dem SWR wie folgt:
„Weitere Ermittlungen gegen Moselwinzer“
Mehr als einhundert Moselwinzer bleiben im Visier der Steuerfahnder. Der Verdacht: Sie sollen Teile ihres Weins schwarz verkauft haben. Die Behörde kündigte weitere Ermittlungen an.
Das Finanzamt Trier teilte am Mittwoch mit, dass gegen 107 Moselwinzer noch ermittelt werde. Der Vorwurf: Sie sollen Wein an der Steuer vorbei verkauft haben. Dabei hätten sie Korken zum Teil bar bezahlt und diese nicht offiziell verbucht. Mit diesen Korken seien Flaschen verschlossen worden, die dann ebenfalls schwarz verkauft wurden.
Auf die Spur kamen die Steuerfahnder den Winzern bei Betriebsprüfungen und durch Hinweise von anderen Finanzbehörden. Seit 2012 laufen die Ermittlungen des Trierer Finanzamtes gegen die Moselwinzer.
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
Seit 2012 wurden bisher 237 Strafverfahren gegen Moselwinzer eröffnet. Insgesamt sind Geldstrafen im hohen sechsstellen Bereich verhängt worden. Die Steuerbetrüger haben laut Behörde in diesem Zeitraum Steuern von rund 10,7 Millionen Euro hinterzogen.
Dass längst nicht alle Verdachtsmomente sich bewahrheiteten, ist eine andere Wahrheit. Viele Verfahren wurden nach anfänglicher Bejahung des Anfangsverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO aufgrund einer ernsthaften, konsequenten und starken Abwehrberatung auch wieder eingestellt. Ohne Strafe, ohne einen Cent steuerliche Nachzahlung …
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Nachsatz: Namen und Orte sind – wie bei allen Geschichten von mir – frei erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig und natürlich nicht beabsichtigt. Ich kann aber nicht ganz ausschließen, dass die eine oder andere Geschichte einen wahren Kern hat — welche Geschichte das inwieweit betrifft, darf ich aber nicht verraten.